Deutsche Bank mit 25 Prozent Rendite: Gier zeigt wieder Gesicht
Deutsche-Bank-Chef Ackermann erzielt im ersten Quartal 2009 einen Quartalsgewinn von 1,2 Milliarden Euro. Der Vorstand verlängert seinen Vertrag bis 2013.
Wie zerronnen so gewonnen: Nach dem größten Verlust ihrer Firmengeschichte im Jahr 2008 schreibt die Deutsche Bank im ersten Quartal 2009 wieder schwarze Zahlen. Dabei profitiert Deutschlands größtes Geldhaus vor allem von den billionenschweren staatlichen Maßnahmen gegen die Weltwirtschaftskrise.
Für das erste Quartal 2009 gab Deutschlands größtes Geldhaus am Dienstag einen Gewinn von 1,8 Milliarden Euro vor Steuern bekannt. Mit einer Eigenkapitalrendite von 22 Prozent nähert sich das Unternehmen damit wieder dem vom Vorstandsvorsitzenden Josef Ackermann in Boomzeiten ausgerufenen Renditeziel von 25 Prozent.
Nach Steuern bleibt der Deutschen Bank ein Quartalsgewinn von 1,2 Milliarden Euro - weit mehr, als Analysten erwartet hatten. Sie gingen im Durchschnitt von 792 Millionen Euro aus. Dennoch rutschte die Aktie der Bank am Dienstag zeitweise unter 40 Euro und verlor damit mehr als sieben Prozent ihres Wertes.
"Einmal mehr haben wir unsere Stärke in der Finanzkrise bewiesen", sagte Ackermann bei der Präsentation der Zahlen. Bereits am Montagabend hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass der Konzernchef nicht wie geplant im nächsten Jahr, sondern erst im Jahr 2013 ausscheiden werde. "Gerade in schwierigen Zeiten ist Stabilität der Führung Voraussetzung für weiteren Erfolg", sagte Ackermann. Der 61-jährige Schweizer hat das Unternehmen bislang relativ stabil durch die Finanzkrise gesteuert. Die Deutsche Bank ist bislang als eine der wenigen Großbanken ohne staatliche Hilfsgelder durch die Finanzkrise gekommen.
Ein Blick auf die Details der Quartalszahlen zeigt jedoch, dass sich der Erfolg der Deutschen Bank vor allem aus den Folgen der Weltwirtschaftskrise speist. Billionenschwere Konjunkturprogramme und der Finanzierungsbedarf von Unternehmen erhöhte nicht nur die Staatsverschuldung, sondern führte auch zu einem Boom an den Anleihemärkten. Weltweit verschuldeten sich die Regierungen an den Kapitalmärkten mit über 2.000 bis 3.000 Milliarden US-Dollar, indem sie Staatsanleihen ausgaben. Mit dem Geld versuchen die Staaten, den Bankensektor und die von der Krise betroffene Wirtschaft zu retten. Die Deutsche Bank zählt auf den Anleihemärkten zu den größten Akteuren und verdient dort vor allem mit Beratungs- und Finanzierungsmandaten. Üppige Gewinne stammen auch aus dem Devisengeschäft, in dem sich Unternehmen gegen Währungsrisiken absichern. Insgesamt trugen die Geschäfte mit Devisen-, Geldmarkt- und Zinsprodukten mit 4,2 Milliarden Euro am stärksten zur Gewinnwende bei - einer Steigerung um 185 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal. Das Vorsteuerergebnis im Privat- und Geschäftskundengeschäft hingegen gab um fünf Prozent nach und verzeichnete einen Gewinn von 206 Millionen Euro; der Bereich Vermögensverwaltung wies sogar einen Vorsteuerverlust von 173 Millionen Euro aus.
Analysten warnten davor, das insgesamt erfolgreiche Quartal auf das ganze Jahr hochzurechnen. "Ich gehe davon aus, dass das erste Quartal das stärkste für die Deutsche Bank sein wird", sagte Olaf Kayser von der Landesbank Baden-Württemberg. Zudem bedrohe die Wirtschaftskrise und die sich abzeichnende Insolvenzwelle bei den Unternehmen den Erfolg aller Banken. "Im Verlauf dieses Jahres wird es in der gesamten Bankenbranche noch mal richtig krachen und rumpeln", sagte der Analyst Dieter Hein von Fairresearch. Schuld daran sind auch die toxischen Wertpapiere im dreistelligen Milliardenbereich, die noch in den Bilanzen vieler Banken schlummern und den gesamten deutschen Bankensektor bedrohen.
Die Deutsche Bank ist aus dem Debakel um faule Kreditpapiere bislang hingegen mit einem blauen Auge herausgekommen. Sorge bereitet Analysten auch, dass die Deutsche Bank ihre Gewinne mit einem gewaltigen Hebel aus Fremdkapital steigert. Derzeit stehen einer Bilanzsumme von etwa 2.200 Milliarden Euro nur knapp 35 Milliarden Euro Eigenkapital gegenüber. Dieses Verhältnis entspricht einer Eigenkapitalquote von gerade einmal 1,7 Prozent.
Auch Ackermann hält sich mit einer Prognose für das Gesamtjahr 2009 bedeckt: "Was die weiteren Aussichten angeht, müssen wir mit anhaltenden Schwierigkeiten rechnen." Die angestrebte Eigenkapitalrendite von 25 Prozent möchte er daher künftig verstärkt aus dem Geschäft mit der privaten Altersvorsorge ziehen, wie er jüngst in einem Brief an die Aktionäre schrieb.
"Ackermanns Beharren auf dem völlig überzogenen Renditeziel von 25 Prozent ist ein Skandal", sagte dazu der stellvertretende SPD-Fraktionschef Joachim Poß. Schließlich seien "irrwitzige Renditevorgaben" eine zentrale Ursache für die Risikobereitschaft der Banken und für die gegenwärtige Krise gewesen. "Ich weiß nicht, warum man in Deutschland im Fußball Weltmeister werden will, aber nicht will, dass eine deutsche Bank um den Weltmeistertitel mitspielt", sagte Ackermann dazu.
Joachim Poß, SPD
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich