■ Deutsch-tschechisches Wischiwaschi erregt die Gemüter: Oleander, Lavendel, Jasmin
Klatovy (taz) – Einem Biwak französischer Soldaten zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts verdankt die westböhmische Stadt Klatovy ihren Ruf als Nelkenstadt. Während der Napoleonischen Kriege brachten Kürassiere aus Nancy Blumensamen als heimatlichen Glücksbringer mit an den Rand des Böhmerwalds. Alljährlich im Juli präsentieren Gärtner im Botanischen Garten ihre Neuzüchtungen und verwandeln die Stadt in ein Blütenmeer und die Luft in Nelkennebel.
Nach Lavendel, Oleander und Jasmin riecht es in Klatovy aber neuerdings das ganze Jahr. Im Zentrum eröffnete die Großwäscherei Skot, der die örtliche Maschinenbau- und Holzverarbeitungsindustrie hin und wieder Aufträge bescherte. Richtig zu tun hat Skot jedoch, seit die deutsche Hotellerie Tschechien als Billigwaschland entdeckt hat. Zwei Tonnen deutschen Schmutzgewebes drehen sich jetzt täglich in den Trommeln, der Platz für böhmische Baumwolle wird allmählich knapp.
Es muß die Mühe wert sein: Seit vergangener Woche zählt Skot gar ein Hotel im 400 Kilometer entfernten Mannheim zu seinem Kundenkreis. Dabei sei es ganz und gar nicht porentiefe Waschkraft, was die Deutschen lockt, erklärt Jürgen Pöschl aus Bayerisch Eisenstein. Er kutschiert zweimal wöchentlich eine halbe Tonne dreckige Bezüge über die Grenze, wo die Reinigung 20 Kronen (zirka eine Mark) pro Kilo kostet. In Deutschland zahle er dafür das Doppelte. Dort wächst der Unmut über das deutsch-tschechische Wischiwaschi. In einem anonymen Brief an den Pilsener Zolldirektor beschwerte sich ein Deutscher, der der bayerischen Wäschereiszene zugerechnet werden darf, über die „Schmuggelware“. Blödsinn, sagt der Zolldirektor, das Zeug geht ja wieder zurück. Mulmig wird ihm aber schon: Im Frühjahr will eine westböhmische Firma Waschsalons entlang der Grenze eröffnen. Der Preiskrieg um Schmutzwäsche ist wohl kaum mehr zu verhindern. Wolfgang Jung
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