Deutsch-russische Atom-Tochter: Siemens sucht sein Glück in Russland
Der Konzern will eine gemeinsame Atomfirma mit dem russischen Unternehmen Rosatom gründen.
FREIBURG taz Siemens will mit dem russischen Atomkonzern Rosatom ein gemeinsames Unternehmen gründen. Fünf Wochen nachdem der Münchener Konzern seinen Ausstieg aus einer Gemeinschaftsfirma mit dem französischen Areva-Konzern verkündet hatte, gab er nun bekannt, dass er ein Memorandum of Understanding über die Bildung eines Joint Ventures mit dem russischen Staatskonzern unterzeichnet hat.
Mit dem geplanten neuen Gemeinschaftsunternehmen will Siemens die Entwicklung der russischen Druckwasserreaktor-Technologie vorantreiben. Zudem wollen die Deutschen mit den Russen im Marketing und Vertrieb sowie beim Bau neuer und der Modernisierung bestehender Atomkraftwerke kooperieren. Siemens soll 50 Prozent minus eine Aktie an der neuen Firma halten, die noch keinen Namen hat und über deren Sitz auch noch nicht entschieden ist. Das deutsch-russische Unternehmen strebe die "weltweite Marktführerschaft im Kernenergiegeschäft" an, sagte Rosatom-Generaldirektor Sergey V. Kirienko.
Erst Ende Januar hatte der Münchner Konzern die Zusammenarbeit mit Areva aufgekündigt, weil er seine unternehmerischen Einflussmöglichkeiten als Minderheitsgesellschafter mit 34 Prozent Anteil für zu gering befand. Auch das Areva-Projekt Olkiluoto in Finnland, das für alle Beteiligten längst zum Milliardengrab geworden ist, dürfte bei der Entscheidung für die Trennung eine Rolle gespielt haben. Olkiluoto ist der erste kommerzielle Reaktorneubau in Europa seit Tschernobyl.
Doch bis der Ausstieg von Siemens bei Areva komplett vollzogen sein wird, kann es noch bis zu drei Jahre dauern. Fürs Erste ist lediglich der Vertrag gekündigt, die Gespräche über die Abwicklung der Trennung dauern noch an. Damit ist aber auch noch völlig unklar, wann die neue deutsch-russische Firma tätig werden kann. Denn nach Medienberichten verbietet es der Vertrag mit Areva derzeit offenbar noch, dass der deutsche Konzern den Franzosen nun wieder Konkurrenz macht. Zu den genauen Inhalten der Verträge mit Areva wollte sich Siemens auf Anfrage allerdings nicht äußern.
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