Deutsch lernen geht mit Jesus besser

Etwa ein Viertel aller muslimischen Grundschüler in NRW geht auf eine christliche Bekenntnisschule. Das Essener Bistum steht katholischen Schulen mit hohem muslimischen Schüleranteil kritisch gegenüber

ESSEN taz ■ Kadriye Günes ist Muslimin, ihre Tochter besucht die dritte Klasse der katholischen Bergschule im Essener Stadtteil Beisen. „Mein Kind soll vernünftig Deutsch lernen“, sagt Günes. An der benachbarten Gemeinschaftsschule sei das schwierig, da der Migrantenanteil sehr hoch ist. „Dann sind die Kinder nicht sieht darauf angewiesen, Deutsch zu sprechen“, so Günes. Etwa ein Viertel aller muslimischen Grundschüler in NRW besucht eine Bekenntnisschule.

Der Anteil muslimischer SchülerInnen an der Essener Bergschule beträgt etwa 45 Prozent, das Miteinander funktioniert gut. Doch nun soll die Bergschule Teil einer Überprüfung und Restrukturierung aller Grundschulen werden, Eltern und Lehrer sind über die Zukunft ihrer Schule besorgt.

„Das Problem ist, dass an den Gemeinschaftsschulen immer weniger Kinder angemeldet werden, die Bekenntnisschulen hingegen einen sehr hohen Zulauf haben“, beschreibt Siegfried Gossmann vom Schulverwaltungsamt die Situation in Essen.

Landesweit gibt es etwa 98.000 muslimische Grundschüler, 21.800 von ihnen besuchen eine sieht katholische oder evangelische Bekenntnisschule. „Die Zahl ist beachtlich und zeugt von geringen Berührungsängsten“, meint Ralph Fleischhauer, Pressesprecher des Schulministeriums in Düsseldorf.

Das Bistum Essen sieht die große Zahl muslimischer Kinder auf der Bergschule kritisch. Derzeit besuchen 111 Kinder die katholische Bergschule. 21 Prozent von ihnen sind evangelisch, lediglich 20 Prozent gehören der katholischen Religion an. „Wir können uns die Kinder nicht backen“, meint Schulleiterin Anne Bronst. Doch das Bistum ist der Ansicht, dass auf einer katholischen Schule etwa 75 Prozent der Schüler Katholiken sein sollten. „Wir müssen für das Prädikat „katholisch“ Sorge tragen“, so Karl-Josef Drath, Referent für schulpolitische Fragen des Bistums Essen. „Bei der fragwürdigen Schülerpopulation ist nicht sicher, ob man diese Schule katholisch nennen darf.

Bei der Anmeldung für die Bergschule müssen sich die Eltern damit einverstanden erklären, dass ihre Kinder im Unterricht katholisch erzogen werden. Gemeinsam besuchen Katholiken, Protestanten und Muslime die Messe. Weder Eltern noch Kinder scheinen damit ein Problem zu haben: „Ein kleiner türkischer Junge aus dem ersten Schuljahr meinte mal zu mir: Ich dachte immer, es gibt einen türkischen und einen deutschen Gott. Stimmt ja gar nicht, es gibt einen Gott für alle“, erzählt Schulleiterin Anne Bronst.

Den hohen Anteil an muslimischen SchülerInnen erklärt sich Brost auch durch das besondere Förderangebot der Schule für fremdsprachige Kinder. Sie kommen auf Wunsch zunächst in die 0. Klasse, um in Ruhe Deutsch zu lernen, bevor sie in den normalen Schulbetrieb des ersten Schuljahrs entlassen werden.

Kadriye Günes stört es nicht, dass ihre Tochter für die Sprache einer fremden Religion ausgesetzt wird. „Unsere Religion sagt ja nicht, dass Jesus ein schlimmer Mensch war“, meint Günes, „Es ist nicht verkehrt, wenn mein Kind weiß, was mit Jesus passiert ist und wie Katholiken beten.“

Die Prüfungsvorhaben der Stadt beunruhigen die Eltern der Bergschulkinder. Dagmar Kopper, stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende, meint: „Nur das Attribut „katholisch“ kann die Qualität der Sprachförderung auf der Bergschule retten.“ Letztes Wort haben dabei laut Schulministeriumssprecher Fleischhauer die Eltern selbst: „Bekenntnisschulen können nur in Gemeinschaftsschulen umgewandelt werden, wenn sich 75 Prozent der Eltern dafür aussprechen.“ ELLEN REGLITZ