piwik no script img

Deutlichere Zeichen in Richtung Solartechnik

■ Interview mit Michael Müller, dem umweltpoli- tischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

taz: Herr Müller, nach Auffassung der Enquetekommission „Schutz der Erde“ des Deutschen Bundestags stellt die Photovoltaik die langfristig „interessanteste Option der Nutzung erneuerbarer Energien dar“. Die Kommission fordert „nachdrücklich“ eine „angemessen hohe Vergütung“ für regenerativ erzeugten Strom. In Aachen versucht man das umzusetzen, doch die Initiative droht an der Blockade des SPD-Wirtschaftsministers in Düsseldorf zu scheitern. Was sagen Sie zu dieser Politik?

Müller: Daß der Anteil der Solarenergie an der Energieversorgung heute nur knapp zwei Prozent ausmacht, ist einfach nicht hinzunehmen. Deshalb haben wir in der Enquetekommission gefordert, diesen Anteil bis zum Jahr 2005 auf acht bis zehn Prozent zu steigern – was durchaus möglich ist. Ich begrüße das Aachener Modell, denn es ist beispielhaft für die Durchsetzung neuer Energieformen. Die Betreiber solcher Anlagen müssen meiner Meinung nach die vollen Gestehungskosten von den jeweiligen Stadtwerken oder Energieversorgungsunternehmen ersetzt bekommen. Die Energieaufsicht muß diese Preise genehmigen. Darüber hinaus bin ich der Auffassung, daß es jetzt notwendig ist, gesetzliche Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, das Aachener Modell überall zu ermöglichen.

Gesetzliche Vorschriften stehen dem doch nicht entgegen. Es gibt ja auch in anderen Städten schon entsprechende Vergütungsvereinbarungen ...

Die jetzigen Rahmenbedingungen sind aber unzureichend. Vor allem kleinere Energieversorgungsunternehmen stehen unter einem enormen Kostendruck, während die großen Energiekonzerne Gewinne machen wie kaum jemals zuvor. Gerade weil es richtig und wichtig ist, die vollen Gestehungskosten zu ersetzen, muß das Energierecht so verändert werden, daß es nicht zu gewaltigen Ungleichheiten zwischen den ökologisch ausgerichteten kleineren Versorgungsunternehmen und den reinen Stromverkäufern kommt.

Das Düsseldorfer Wirtschaftsministerium hat für den Stromriesen RWE gerade eine 4,8prozentige Preiserhöhung genehmigt. In Aachen sollen die Stadtwerke aber für den Solarstrom nicht 1,6 Prozent mehr verlangen dürfen. Warum nicht?

Ich glaube, man hat Angst vor dem „Präzedenzfall“.

Die Japaner haben gerade ein 200-Megawatt-Programm für Solarenergie aufgelegt. Wenn das Aachener Modell bundesweit Schule machte, entstünde etwa ein 350-Megawatt-Programm. Wäre das nicht geradezu zwingend notwendig, um die entsprechende Industrie anzuschieben?

Ja, wir brauchen einen solchen Anschub. Japan und Deutschland sind auf dem Felde der Solartechnologie noch in einer günstigen Ausgangslage. Während die Japaner ihre Chancen nutzen, sind wir dabei, unsere zu verspielen. Ich würde mich freuen, wenn gerade in dem klassischen Energieland NRW sehr viel deutlichere Impulse zugunsten dieser neuen Energieform gesetzt würden. Das wäre für das Land hilfreich und industriepolitisch überfällig.

Warum interveniert die SPD- Bundesfraktion nicht bei ihrem Genossen im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium?

In Nordrhein-Westfalen gibt es eine ganze Reihe von Initiativen zugunsten der Solartechnik, aber es könnte mehr gemacht werden. Gerade wenn man die atomare Zukunft nicht will, müßte man sehr viel deutlichere Zeichen in Richtung auf Einsparung und Solartechnik setzen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen