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Deutlicher Verwesungsgeruch aus der Vorstandsetage

■ betr.: „Antipsychiatrie reif für die Anstalt“, Auseinandersetzungen um Bremer Verein für Rehabilitation psychisch Kranker, taz vom 9.1.89

Mit der psychiatrie-bewährten Methode der Ausgrenzung - ich sei eine „Karteileiche“, ein „Gelegenheitsbesucher“, also ein Niemand (Delete-Taste drücken!) - reagiert der von mir kritisierte Apparat der ehem. antipsychiatrischen Initiative zur sozialen Rehabilitation, statt inhaltlich zu antworten.

Nicht nur das zeigt, wie bürokratisch verkommen und verdinglicht die Vorstands-und Geschäftsführergehirne bereits sind, auch die weiteren Nuancen ihrer „Antwort“ bestätigen meine Kritik: Insistieren auf Sachkompetenz, „wir brauchen Kapital“, „sachkundige Leute“ - das ist profitorientierte Firmensprache, nicht die von selbstorganisierter Antipsychiatrie; das eben weil, „die Ziel-Mittel-Linie der Initiative weg vom Ideal des Kampfes gegen die Ausgrenzung der Psychiatrisierten, auch als eines Teils von uns, des Chaotischen, zur Selbstanpassung und Selbstbeschränkung verkommen ist, darauf: daß der Laden so läuft, die Lobby sich vergrößert und es wirtschaftlich aufwärts geht...“, so meine Kritik.

Gegen den Vorwurf meiner persönlichen Engagement-und Praxislosigkeit als ebenso bewährtes Ausgrenzungsmittel (“ Der arbeitet ja gar nicht hier und stänkert nur rum!“):

-Ich habe mich in meiner fast 10jährigen Beratungspraxis im gemeindepsychologiscchen Feld engagiert antipsychiatrisch verhalten, wenn es z.B. um die Ausgrenzung von Kindern und Jugendlichen durch die Schule, in Psychiatrie oder Sonderschulen ging.

-Ich war einer der ganz wenigen Mitglieder der Initiative, die nichtbezahlte Mitarbeiter sind und trotzdem aktiv sind; und auch hierin zeigt sich die herbe Verkrustung der Initiative: Die Verunmöglichung freier Mitarbeit, die im Grunde nur Stelleninhabern (mind. Praktikant) möglich ist. Ich habe die mir verbleibende Rolle der Kritik in der Initiative im übrigen durchaus genutzt, wobei ich allerdings auch nicht am dubiosen Engagement von Multifunktionär Klaus Pramann gemessen werden will. In diesem Verein gibt es einen deutlichen Verwesungsgeruch, aber er steigt nicht aus dem Mitgliederkarteikasten, sondern weht aus der Vorstandsetage, und zwar kräftig.

Dr. Adam Zurek

U-Satz:!!!!

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