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■ Des US-Amerikaners liebstes Kind, das Auto, muß mit:Drive-Through-Holidays

Washington (taz) – Es herrscht die ultimative Sommerpause in den USA: Die Schulkinder haben Ferien, der Kongreß hat nach einem erbärmlichen Theater um den Haushaltsplan für vier Wochen dichtgemacht – und die Washington Post füllt ihre Politikseiten mit seitenlangen Berichten über das Leben der Krabben und Krebse in der Chesapeake Bay, dem Hausstrand der Hauptstädter. Wofür der Deutsche immer noch Geld wechseln muß, das kann der Amerikaner zu Hause haben: Strand, Sonne und Meer. Weshalb der Amerikaner und seine Landsleute im Sommer aufteilen: die einen ab nach links an den Pazifik, die anderen ab nach rechts an den Atlantik, der Rest nach unten an den Golf von Mexiko. Ab geht's nach Key Biscane, Ocean City, Biloxi, Galveston oder Venice Beach. Abzuziehen sind jene, die sich keinen Urlaub leisten können, weil sie entweder das Geld oder die Zeit nicht haben. Zwölf Tage Jahresurlaub sind im Land der Beach Boys und von „California Dreamin'“ nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Was die Begabung angeht, Sandstrände samt dahinterliegender unberührter Naturgebiete durch Touristenauffanglager zu verschandeln, so nehmen sich Alte und Neue Welt nicht viel. Aber bereits erste kleinere Studien am Subjekt Urlauber lassen einige Unterschiede erkennen. Der Amerikaner verreist gerne gut ausgerüstet – eine mittlerweile internalisierte Verhaltensweise, deren Wurzeln aus der Zeit der Besiedlung des Westens stammen müssen. Anders lassen sich die zahlreichen schiffsgroßen Wohn- und Campingmobile nicht erklären, die man auf den Highways antrifft. Während der Deutsche in den Ferien sein Gehäuse verläßt, um sich mit dem Auto an einen vermeintlich paradiesischen Ort zu begeben, stellt der Amerikaner seine Wohnung auf Räder – und hängt den PKW hintendran.

Überhaupt spielt das Auto auch am Urlaubsort eine entscheidende Rolle. Mit Hilfe der zivilisatorischen Errungenschaft des drive through kann man inzwischen bei McDonald's essen, ohne das Auto verlassen zu müssen, bei der Bank Geld abheben, ohne das Auto zu verlassen. Mittelweile soll es irgendwo sogar ein Drive through- Standesamt geben, wo man sich trauen lassen kann, ohne das Auto verlassen zu müssen.

Da überrascht es keinen mehr, daß der Amerikaner auch aus dem Urlaub einen fortgesetzten drive through macht. Wenn er mitsamt surfboard, body board oder skimboard nicht gerade am Strand ist, lädt er sich vier Gartenstühle, eine Kühlbox und ein paar Freunde auf seinen pick-up-truck oder Jeep und fährt parallel zum Strand auf dem Highway rauf und runter. Er macht dabei weder einen besonders erheiterten oder gar glücklichen Eindruck, aber diese Tätigkeit enthält offenbar alles, was das klassische amerikanische summer feeling ausmacht: Strand, ein offenes Auto und Dosenbier.

Den Tag am beach beenden die Möwen – und die Senioren: Erstere machen sich über Pizza- und Sandwichreste her, die die Vertreter der Fastfood-Zivilisation zurückgelassen haben, bevor sie wieder mit dem Auto in ihre Motels zurückrollen. Letztere machen auf Neulinge einen etwas befremdlichen Eindruck, weil sie mit Metalldetektoren den Strand absuchen – als wären die Badegäste dafür bekannt, Minen zu legen. Nach dem ersten Schreck ist das Rätsel schnell gelöst: Die ergrauten Herren in Shorts und Tennisschuhen sammeln das Münzgeld auf, das an einem heißen Sonnentag aus eingeölten Händen und nassen Hosen im Sand verschwindet.

Hundert Meter weiter schwimmen die Delphine und denken sich: Die spinnen, die Menschen. Andrea Böhm

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