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Aus der zeozwei

Der zeozwei Stiftungs-Check Das Gut der Reichen

Was bringen die Milliarden-Stiftungen von Bill Gates, Mark Zuckerberg und anderen?

Mehr Schein als Sein? Nicht alle trauen Bill Gates' Engagement Bild: dpa

Valentin Ostertag wird ordentlich gefeiert. Jedes Jahr. Immer um den 14. Februar herum halten in Bad Dürkheim am Rande des Pfälzer Waldes die Grundschüler einen Gedenkgottesdienst für ihn ab. Dabei ist der Jurist schon 500 Jahre Tod. Der Mann, der der Legende nach als Gänsehirt aufgewachsen ist, brachte es in seinem Leben zu einem stattlichen Vermögen. Nach seinem Tod verfügte seine Frau Margarethe die Gründung einer Almosenstiftung für arme Kinder. Es war sein Wunsch.

Heute kaufen Schulen und Kindergärten von dem Geld Spiel- und Sportgeräte. Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen erhalten einen Zuschuss, um mit auf Klassenfahrten zu können. Es war ein wertvolles Geschenk – 2.000 Goldgulden waren seinerzeit eine immense Summe. Heute besitzt die Stiftung Immobilien und Barmittel im Wert von mehr als zwei Millionen Euro. Noch immer wird das Vermögen von einem Sechserrat verwaltet. Reine Männersache. Frauen sind nicht zugelassen.

Mehr als 20.000 Stiftungen

Es ist eine der ersten Stiftungen, die in Deutschland gegründet wurden. Das Prinzip ist bis heute geblieben: Vermögende geben Geld, freiwillig wie der Microsoft-Gründer Bill Gates oder die Unternehmerin Susanne Klatten. Allein in der Bundesrepublik gibt es derzeit mehr als 20.000 Stiftungen. Vermögen insgesamt: gut 100 Milliarden Euro. Damit erwirtschaften sie Zinsen, die dann wieder ausgegeben werden etwa für Forscher, Künstler, Entwicklungshelfer oder Sportler.

Klaus Naeve ist der Experte für Stiftungen bei der Privatbank Berenberg, die zu den führenden Finanzinstituten bei der Unterstützung von Stiftern gehört. Die Bank managt viele der Kapitalanlagen. Naeve sagt: „Der Trend zur Stiftungsgründung besteht nach wie vor.” Jedes Jahr kommen Hunderte hinzu. Wer eine Stiftung gründen will, muss mindestens 50.000 Euro mitbringen. Die Summe bringt im Jahr allerdings allenfalls 1.000 oder 2.000 Euro Kapitalerträge. Das reiche vielleicht für die Förderung der Jugendarbeit der freiwilligen Feuerwehr, meint Naeve. Aber wer wirklich etwas bewegen und zum Beispiel Brunnen in ärmeren Ländern bauen wolle, der brauche „einen zweistelligen Millionenbetrag”.

Um Steuervorteile geht es nicht

Dahinter stehen häufig erfolgreiche Unternehmer. Hans Fleisch, Generalsekretär des Bundesverbands Deutscher Stiftungen, macht einen bestimmten Typ von Stiftern aus: Sie seien „55 Jahre und älter" und wollten am „Beginn ihrer dritten Lebensphase noch etwas gestalten”. Sie hätten selten gut geerbt, vielmehr ihr Geld selbst verdient. Oft spielten persönliche Erfahrungen eine Rolle: Der Tod eines Kindes oder des Partners, also Wendepunkte im Leben. Um Steuervorteile geht es nicht? In den USA sei das ein häufiges Motiv, meint Banker Naeve, in Deutschland seien Stiftungen aber „kein Steuersparmodell”.

Trotzdem können wirtschaftliche Erwägungen dahinter stecken. Wer seine Firma vor einer Übernahme oder Zerstücklung schützen will, weil sie sonst unter den Erben aufgeteilt wird, gründet eine Stiftung. Denn sie ist auf Ewigkeit angelegt, deshalb muss das eingebrachte Vermögen zusammenbleiben. Auch der Zweck darf nicht mehr verändert werden. 95 Prozent aller Stiftungen in Deutschland sind gemeinnützig. Das Gros der Wohltäter hat einen philanthropischen Hintergrund: Sie wollen Gutes. Ganz selbstlos ist das zumeist nicht. Das gebe einem auch immer selbst etwas, meint Stiftungsexperte Fleisch. Das sei auch kein Problem, Uneigennützigkeit „der falsche Maßstab”. Man bleibt zum Beispiel in Erinnerung. Wie Valentin Ostertag.

ANJA KRÜGER

Der Artikel ist erschienen in zeozwei 1/16. Gerne können Sie den Artikel auf unserer Facebook-Seite diskutieren