Der tragische Tod von Katrin Reemtsma vor Gericht

■ Der Lebensgefährte widerspricht sich. Er tischt dem Gericht verworrene Geschichten auf

Berlin (taz) – Es geht um einen tragischen Todesfall. Der Angeklagte soll am 9. Juni dieses Jahres seine Lebensgefährtin, die bekannte Roma-Forscherin Katrin Reemtsma, Nichte von Jan Philipp Reemtsma, mit einem 32 Zentimeter langen Messer in der gemeinsamen Wohnung getötet haben. Anlaß soll ein Streit über seine finanzielle Abhängigkeit von der 38jährigen gewesen sein. Asmet S. hatte die Tat wenige Stunden nach seiner Festnahme gestanden.

Der gestrige Auftritt des Angeklagten vor dem Berliner Landgericht brachte kein Licht in das Dunkel des Beziehungsdramas des ungleichen Paares — sie, die bis zu ihrem Tode als Referentin für Sinti und Roma bei der Gesellschaft für bedrohte Völker arbeitete, er ein Rom aus Serbien ohne Beruf. Was der 40jährige zum Beginn des Prozesses, bei dem der Vater von Katrin Reemtsma als Nebenkläger auftritt, zu den Hintergründen der Tat sagte, brachte das Gericht kaum weiter.

Asmet S., ein großer schlanker Mann mit buschigem Schnauzbart, tischte wirre Geschichten auf: Er erzählte von Telepathie, von Elektrizität und daß Katrin Reemtsma „noch lebt“. Um seine Behauptungen zu „beweisen“, wühlte er in einem Berg von Kopien, die er vor sich liegen hatte. Kopien von Tagebüchern von Katrin Reemtsma. Die Tagebücher habe er zwei Tage vor ihrem Tod kopiert, um damit bei der Jugendhilfe das Sorgerecht für die beiden gemeinsamen Kinder, eine fünfjährige Tochter und einen dreijährigen Sohn, zu bekommen.

Der Angeklagte kam Anfang der 90er Jahre mit seiner Familie als Flüchtling aus dem ehemaligen Jugoslawien nach Berlin. Katrin Reemtsma lernte er im Büro der Roma-Union kennen. Kurze Zeit später zogen die beiden zum Erstaunen vieler zusammen. Seit der Geburt der zwei Kinder hatte Asmet S. eine Aufenthaltsbefugnis. Zeitweise lebte er in Jugoslawien. Nur auf inständiges Drängen von Katrin Reemtsma hatte Asmet S., der als machthaberisch und Wichtigtuer gilt, über die Roma-Union eine Arbeit als Betreuer in einem Flüchtlingsheim gefunden, die er mehr schlecht als recht gemacht haben soll (siehe taz-Magazin vom 25. 10. 1997).

Asmet S. wirkte im Vergleich zu seinen Schilderungen nicht verrückt. Eher unverschämt. Auf viele Fragen des Richters antwortete er ungehalten. Ob jemand, der so wirres Zeug redet, zurechnungsfähig ist, wird ein Gutachter klären, der am Mittwoch, dem zweiten und letzten Prozeßtag, gehört wird.

Als hätte er so gar kein Unrechtsbewußtsein, verlangte Asmet S. mehrere Male, die Öffentlichkeit auszuschließen, um allein mit dem Richter zu sprechen. Präzise Fragen beantwortete er mit immer abenteuerlicheren Geschichten, die alle in den Tagebüchern stünden. Nur nach beharrlichem Nachfragen des Richters beantwortete er die Frage, ob er Katrin Reemtsma umgebracht habe. „Ja“, sagte er sichtlich genervt. Doch statt sein Verhältnis zu ihr zu beschreiben, erzählte er, daß Katrin Reemtsma „eine Nutte“ gewesen sei.

Auch Fragen nach dem Verbleib des Geldes, das Katrin Reemtsma ihm auf sein Konto überwiesen hatte, wollte Asmet S. nicht beantworten. Katrin Reemtsma, die eher zum „armen Zweig“ des Zigaretten-Clans gehörte, hatte ihrem Lebensgefährten allein zwischen Mai 1996 und Februar dieses Jahres nach Angaben des Gerichts fast 200.000 Mark überwiesen. Summen zwischen 10.000 und 30.000 Mark flossen zum Teil in Abständen von nur ein oder zwei Tagen auf sein Konto. „Das ganze Geld müßte irgendwo zu Hause sein“, sagte Asmet S. Er habe stets nur zwischen 1.000 und 2.000 Mark behalten, von denen er einen Teil in Casinos verspielt habe. Barbara Bollwahn