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■ Revirement im algerischen MachtapparatDer starke Mann will stärker werden

Anderthalb Jahre nach ihrem Staatstreich ist es Algeriens Militärs noch immer nicht gelungen, ihrem Regime wenigstens den Anschein von Legitimität zu geben. Längst ist das Land in einen Bürgerkrieg hineingerutscht, die wiederholt angekündigten Antikorruptionskampagnen sind im Gestrüpp der mafiosen Beziehungen zwischen Wirtschaft und Militär hängengeblieben. Eine wirtschaftliche Sanierung des Landes ist nicht in Sicht.

Mit Generalmajor Khaled Nezzar und Generalmajor Abdelmalik Guenaizia sind soeben zwei der starken Männer des Staatsstreichs von Positionen im Machtapparat zurückgetreten. Nezzar wird in seinem Amt als Verteidigungsminister von General Lamine Zeroual abgelöst, neuer Stabschef der Armee wird der bisherige Chef der Antiterror-Einheiten, Mohamad Lamari. Doch während Guenaizia entmachtet wurde, deutet Nezzars Rücktritt auf einen Machtzuwachs hin. Der schwerkranke, „starke Mann“ in Algerien entlastet sich, um die Fäden der Politik im Hohen Staatsrat noch fester in die Hand zu nehmen. Guenaizia hingegen wurde abgesetzt, weil sein Vorgehen gegen die Islamisten als zu zögerlich galt.

Die beiden neuernannten Militärs, Lamari und Zeroual, sind als alte antiislamistische Hardliner bekannt. Algeriens abgesetzter Präsident Chadli Bendjadid hatte beide in den vorzeitigen Ruhestand geschickt, weil sie sich seinem Konzept der cohabitation, einem vorsichtigen politischen Zusammengehen mit der politisch erstarkenden FIS, massiv widersetzten. Ihr Wiederaufstieg zeigt an, daß eine Ausweitung des Bürgerkrieges in Algerien bevorsteht. Es wird damit gerechnet, daß die zahlreich verhängten Todesurteile gegen Islamisten ab sofort auch vollstreckt werden.

Mit dem Coup gegen den bevorstehenden Wahlsieg der Islamischen Heilsfront (FIS) hatten Algeriens Machthaber darauf gesetzt, sich der FIS mit militärischen Mitteln zu entledigen und die übrigen Parteien durch Verhandlungen zu neutralisieren. Trotz massiver Repression konnte die FIS nicht zerschlagen werden – und die Parteiengespräche sind endgültig gescheitert. Aus dieser Sackgasse wollen sich Algeriens Machthaber nun durch eine weitere Verschärfung des Bürgerkrieges und einen Umbau der Führungsgremien, der demokratische Institutionen zumindest äußerlich nachbilden soll, herausmanövrieren. Durch den Umbau soll eine „präsidiale Instanz“ geschaffen werden, und Nezzar gedenkt offenbar, diese „präsidiale“ Rolle selbst zu übernehmen. Die „baldigen“ Neuwahlen werden damit in noch weitere Ferne gerückt. Bis dahin hoffen die Militärs, die islamistische Konkurrenz besiegt zu haben. Nina Corsten

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