Der neue Dortmund-„Tatort“: Spurensuche zu viert
Der „Tatort“ kehrt zurück in den Pott, und das mit gleich vier neuen Ermittlern. Zwei davon sind verliebt und einer ein Sherlock-artiger Autist.
Nein, Sie sind nicht versehentlich im „Tatortreiniger“ gelandet. Auch wenn gleich am Anfang Gummihandschuhe und eine Desinfektionsspritze auftauchen, die verdächtig an die geniale NDR-Krimiparodie erinnern. Doch dass die Leiche des da ziemlich hingemeuchelt in seiner Wohnung liegenden Studenten Kai Schiplok mit einem Desinfektionsmittel besprüht wurde, beschäftigt auch die Dortmunder Mordkommission. Denn jetzt sind so ziemlich alle Spuren im Arsch.
Was man ruhig so schreiben kann, schließlich ist das hier der neue Ruhrpott-„Tatort“ der ARD, und dort ist man ja eher mal direkt. Schiplok war schwul, in der Stadt verteilt eine Freikirche, die es auf Homosexuelle und deren „Krankheit“ abgesehen hat, bunte Hetztraktate. Auch ein zweites Opfer lässt nicht lange auf sich warten, wieder wurde es spurentötend nach der Tat desinfiziert.
Noch mehr zu schaffen macht der Mordkomission allerdings – sie selbst. Schließlich ist sie ganz neu und gleich zu viert. Am neuen Chef Peter Faber (Jörg Hartmann) ist dabei ein kleiner „Sherlock“ verloren gegangen: Wie in der britischen Erfolgsserie, die den Meisterdetektiv ins Heute versetzt, gibt auch Faber den autistisch Hochbegabten. Und stößt mit seiner Art den Rest des Teams vor den Kopf.
Leider hält „Alter Ego“ die knallharte Spielart des Soziopathen nicht wirklich lange durch: Schon nach gut 20 Filmminuten sagt Faber zur Ko-Kommissarin Bönisch (Anna Schudt) kleinlaut: „Helfen Sie mir, bitte!“ Dem BBC-Sherlock wäre das nicht passiert.
Aber so ein „Tatort“ will ja allen gefallen, weshalb die Jungkommissare Nora und Daniel (Aylin Tezel und Stefan Konarske) das haben, was bei Drehbuchschreibern neudeutsch „Love Interest“ heißt. Jürgen Werners Stoff, von Regisseur Thomas Jauch solide in Szene gesetzt, deutet da schon mal diverse Möglichkeiten an, ohne allzu viel in Ruhrpottklischees zu verschimanskien, woll? Kein schlechter Start.
Dortmund-„Tatort“: „Alter Ego“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe