Der legendäre Produzent Conny Plank: Kauz hinter den Reglern
Conny Plank hat Kraftwerk, Neu! und Devo den richtigen Sound verpasst. Eine 4-CD-Box „Who’s that man“ erinnert an ihn.
„Who’s that man“ – „Wer ist dieser Mann?“, fragt eine dieser Tage erscheinende Werkschau mit Arbeiten des unbedingt legendär zu nennenden Produzenten Conny Plank. Auf dem Cover der 4-CD-Box blickt einen der vor gut 25 Jahren verstorbene Studiozauberer an mit seinem Vollbart und einer irren Frisur, die eine gewagte Kreuzung aus Prinz-Eisenherz-Topfdeckel-Schnitt und Vokuhila ist. „Was für ein Typ ist das denn?“, das fragt man sich wirklich angesichts dieses Porträts.
Endlich, kann man da nur sagen, wird versucht, einigermaßen schlüssig diese Frage zu beantworten, obwohl die feine Hommage in CD-Form letztlich nur einen kleinen Ausschnitt aus dem gewaltigen Schaffen Conny Planks liefert. Es ist Musik wichtiger Wegbegleiter aus den Siebzigern und Achtzigern von Neu! bis DAF zu hören. Aufnahmen von Größen wie Kraftwerk oder Ultravox, denen der deutsche Produzent den Conny-Touch verliehen hat, fehlen jedoch, wohl weil die Lizenzierungskosten zu hoch gewesen wären.
Vielleicht ist das aber auch besser so. Hätte man die Musik all der Acts zusammengetragen, die einmal gemeinsam mit Conny Plank im Studio gestanden haben, würde man komplett den Überblick verlieren und erst recht fragen: „Wer ist dieser Mann denn nun wirklich?“ Denn die Liste der von Plank Betreuten ist schier endlos und reicht von den Scorpions bis zur amerikanischen New-Wave-Band Devo, von obskuren Krautrockbands bis hin zur Hip-Hop-Combo Whodini. Nebenbei müsste man auch eher uncoole Acts wie Gianna Nannini und den Zupfgeigenhansel mit aufzählen.
Die Brille von Bono
Interessant ist bei einer Annäherung an Conny Plank, das zu betrachten, was fehlt, beziehungsweise das, zu dem es nie gekommen ist. Die damals kurz vor ihrem großen Durchbruch stehenden U2 beispielsweise hatten einst bei Plank angefragt, ob er sie nicht in seinem Studio im ländlichen Wolperath in der Nähe Kölns produzieren wolle. Plank wollte nicht.
„Die Ablehnung von U2 war eine ganz persönliche Sache von Conny“, erinnert sich Dieter Moebius heute, der schon in den frühen Siebzigern mit seiner Krautrockband Kluster mit Plank zusammenarbeitete und bis zu dessen Tod eng mit diesem befreundet war. „Vielleicht mochte er einfach die Brille von Bono nicht“, ergänzt er mit schelmischem Blick.
Die andere verrückte Legende, die belegt, was für ein widerspenstiger und eigenbrötlerischer Kauz Conny Plank gewesen sein muss, dreht sich um David Bowie. Der berühmte Glamrock-Superstar aus London wollte sich Ende der Siebziger mal wieder neu erfinden und dachte bei diesem Vorhaben an Plank als Produzent. Plank hatte aber kein Interesse.
Plank-Touch über Bande
„Er hat gemacht, was ihm Spaß machte“, erklärt Dieter Moebius, „einiges, um Geld zu verdienen. Einiges, womit er viel Geld hätte verdienen können, hat er aber einfach abgelehnt, weil er es nicht mochte. Er hatte eben seinen eigenen Kopf.“ David Bowie nahm die Musik, die ihm damals vorschwebte, dann in Berlin mit dem Musiker und Produzenten Brian Eno auf. Eno wiederum hing vor den Aufnahmen mit Bowie viel mit Conny Plank in dessen Studio herum. Manche sagen, Eno sei so etwas wie der Meisterschüler Planks gewesen, womit Bowie über Umwege doch noch zu seinem Plank-Touch gekommen wäre.
Ansonsten deutet alles darauf hin, dass Plank tatsächlich so war, wie ihn Dieter Moebius beschreibt: „Er war ein ganz einfacher Mann, der ziemlich demütig war.“
Das ist für einen Produzenten mit seiner Aura durchaus eine bemerkenswerte Charakterisierung, wenn man bedenkt, dass Produzentengenies meist nachgesagt wird, sie hätten nicht mehr alle Tassen im Schrank. Joe Meek war ein Paranoiker, der sich am Ende selbst erschoss, und Phil Spector soll bei Aufnahmen im Studio die Ramones mit einer Pistole bedroht haben. Das Exzentrischste, was man von Conny Plank weiß, ist, dass er seine Goldenen Schallplatten auf sein Klo gehängt haben sollen.
Vorgriff auf einen futuristischen Sound
Deutsche Bands wie Neu! und Kraftwerk werden heute vor allem im Ausland als große Innovatoren für aktuelle Pop- und Dancemusik gefeiert, während Conny Plank immer noch eher als „Producer’s Producer“ gilt, als Produzentenheld anderer Produzenten. Deshalb macht es absolut Sinn, verstärkt daran zu erinnern, dass es Conny Plank war, dessen Ideen auf so vielen einflussreichen Platten zu hören sind.
„Der spezielle Sound dieser Aufnahmen hatte etwas damit zu tun, dass Conny Plank sich ein spezielles, maßgeschneidertes Mischpult hingestellt hatte“, so Dieter Moebius. Dieses, so erzählt man sich, soll er bedient haben wie ein Instrument. Und mit diesem hat er seine Vision eines elektronischen, motorischen Sounds verfolgt, der so futuristisch war, dass er heute so langsam absolut zeitgemäß klingt.
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