: Der lebende Bremsklotz
■ Unmut im Ostertor: Die „Killerrinne“ macht Angst und behindert den Radverkehr
Die Anarchie im Ostertor war schon immer schwer in Bahnen zu lenken. Auch die neuen Straßenumbauten helfen da nicht, im Gegenteil: In Höhe der Casablanca-Kneipe und des Möbelhauses Elfers schlägt sich jeder durch, so gut er kann. Im Zweifelsfall mit dem Rennrad auf dem Gehweg. Denn vor der Verkehrsregel kommt allemal die eigene Sicherheit – und um die geht es: Weil der neu angelegte, breite Fußweg weiter auf die Straße ragt, als vorher die parkenden Autos, helfen RadlerInnen sich mangels Radweg in Richtung Zentrum selbst. Niemand möchte vor die Straßenbahn oder unter's Auto geraten. Schon die Schienenrille wird gefährlich, seit sie so nah an der Bordsteinkante verläuft.
„Alles Absicht“, verteidigt Heiko Wenke vom Amt für Straßenbau seine Planung Bahnsteig statt Radweg. Denn den Ostertor'schen sollte es nicht so gehen, wie den Busreisenden an der Domsheide Ecke Balgebrückstraße: Die müssen sich zwischen vorbeibrausenden RadlerInnen zum Buseingang durchzwängen – oder zum Gehweg. Im Ostertor herrscht also ausgleichende Gerechtigkeit: Hier müssen die RadlerInnen auf die Straße. „Zwischen die Schienen“, rät Straßenbauer Wenke.
Killerrinne nennen böse Zungen diesen Abschnitt schon. Denn auch auf der Gegenseite Richtung Sielwall ragen Bordsteine auf die Straße: Der kürzeste Radweg der Welt ist mehr Gefahr als Hilfe. Wenke wiegelt ab: „Das dauert nur solange, bis der gesamte Ostertorsteinweg verkehrsberuhigt ist“. Er weiß, daß selbst die Praktiker im eigenen Amt hinter vorgehaltener Hand „katastophal“ sagen.
Auch StraßenbahnfahrerInnen beäugen die Strecke im Viertel jeden Tag mit Mißtrauen: Ihr würden die RadlerInnen neuerdings so plötzlich vor den Wagen flutschen, beschreibt Fahrerin Wilming das neue Fahrverhalten der RadlerInnen. Vorher sei das übersichtlicher, aber auch nicht gut gewesen. Ähnlich sagt der ADFC: „Keine radfahrerfreundliche Planung.“ Aber wohl das Beste, was herauszuholen war. Nur der Straßenbahner von der Linie 2 ist zufrieden: „Für unsere Fahrgäste ist es doch schön“. Tatsächlich, die könnten selbst im engsten Abendkleid aus dem Theater kommen und mühelos in den Waggon trippeln – so niedrig wurde der Zugang.
Zum Jahresende soll alles besser werden, verspricht Bauplaner Wenke. Bis dahin sei hoffentlich der Straßenabschnitt zwischen Sielwall und Café Engel umgebaut: Zum verbreiterten Fußweg gehört dann auch der sichere Radweg. Und mit dem Fahrverbot wird das Parkverbot einhergehen. „Dann sitzt den FahrradfahrerInnen die Gefahr nicht mehr im Rücken“, sagt er. „Dann sind sie praktisch alleine auf der Straße“. ede
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