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Der „kleine Trompeter“ am offenen Grab

■ Erich Honecker soll heute in die Klinik kommen/ Margot Honecker: Er will in Chile Abschied nehmen

Hamburg (dpa) — Der schwerkranke Ex-DDR- Staats- und Parteichef Erich Honecker wird vermutlich an diesem Montag aus der Botschaft Chiles zur Behandlung in eine Moskauer Klinik gebracht. Noch am Samstag nachmittag unternahm der 79jährige mit seiner Ehefrau Margot einen Spaziergang im verschneiten Garten der Mission. Entsprechende Bilder zeigten ARD und ZDF. Auf den Zuruf von Journalisten „wie geht's“ antwortete Margot Honecker: „Alles in Ordnung.“ Der 79jährige selbst reagierte nicht.

Der russische Präsident Boris Jelzin hatte zuvor dem Wunsch Chiles zugestimmt, den früheren DDR-Staatschef in ein Krankenhaus einzuliefern. Außerdem sagte die russische Regierung zu, Honecker nicht festzunehmen oder an Deutschland auszuliefern, wenn er zur Behandlung in eine Klinik gebracht werde. Auch die Bundesregierung hat keine Einwände gegen einen Klinikaufenthalt Honeckers in Moskau. Sie fordert allerdings nach wie vor die Rückführung des 79jährigen nach Deutschland, wo gegen ihn Haftbefehl wegen der Todesschüsse an der Mauer besteht.

Honecker hatte sich mit seiner Frau am 11. Dezember in die chilenische Botschaft in Moskau geflüchtet und seitdem das Gelände nicht mehr verlassen. Ein russisches Ärzteteam, das den 79jährigen vorige Woche untersucht hatte, bestätigte, daß Honecker an Krebs in fortgeschrittenem Stadium erkrankt sei.

Margot Honecker erklärte, sie habe mit ihrem Mann am Tag ihrer Flucht aus der Bundesrepublik am 13. März 1991 mehrere Stunden lang auf dem sowjetischen Fliegerhorst Sperenberg südlich von Berlin warten müssen. Nach einem Bericht der 'Bild am Sonntag‘ teilte Frau Honecker jetzt ihrem Berliner Anwalt Friedrich Wolff telefonisch mit, ihnen sei damals gesagt worden, „es müßten noch ein paar Dinge geklärt werden“. Nach dem Start hätten Maschinen der Bundesluftwaffe das sowjetische Flugzeug eskortiert. Anwalt Wolff argumentiere nun, wenn die Bundesregierung Honecker habe wissentlich ziehen lassen, könne sie jetzt nicht seine Rückführung fordern. Nach den Worten von Margot Honecker ist es der größte Wunsch ihres Mannes, noch einmal seine Tochter, seinen Enkel und seinen Schwiegersohn in Chile zu sehen. „Vielleicht, um Abschied von ihnen zu nehmen“, sagte Frau Honecker dem 'Kurier am Sonntag‘.

Die Seelenlage ihres Mannes bezeichnete die frühere DDR-Volksbildungsministerin als „sehr gefaßt. Er weiß genau, wie es um ihn steht.“ Der 79jährige interessiere sich kaum noch für aktuelle Dinge und lebe gedanklich in der Vergangenheit. Das einzige, woran er noch Freude habe, seien Videos wie Fanfan, der Husar. Ihr Mann wünsche, daß am Grab das Lied vom „kleinen Trompeter“ gespielt werde.

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