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■ StörzeileDer ideale Junkie...

....ist so erzogen, daß er sozialvertäglich ist: höflich, bescheiden, sagt „bitte“ und „danke“, an den Stellen, an denen es sich gehört. Gibt keine Widerworte, wenn die Polizei was fragt. Lügt nicht, klaut nicht, packt seine Spritze nicht auf der Straße aus.

Kurz: Er ist unsichtbar, bezieht seinen Stoff mit der Post und belästigt die geplagte Öffentlichkeit höchstens mit der Erfolgsmeldung, daß er jetzt in einer Therapieeinrichtung ist.

Der Bürger – steuerzahlend, ordnungsliebend und per definitionem kein Junkie – freut sich. Auch über die Sozialarbeiter, die schon jetzt nichts als dieses eine Ziel vor Augen haben: unauffällige Junkies.

Herr Petersen zum Beispiel weiß, was seine Pappenheimer und Brotgeber wünschen. So als habe er die Worte mit Amtsleiter und Drogenhilfe-Geldverteiler Uli Koch einstudiert, gibt er bühnenreif an die geneigte Öffentlichkeit weiter: Man darf die Polizei nicht kritisieren, wenn man die Patentlösung nicht parat hat. Und: Wer als Drogenhelfer mit der Polizei zusammenarbeitet, ist immer noch „parteilich“.

Zu handeln gilt es, spricht es aus Kochs und Petersens Mund, sonst sei die gesamte Drogenhilfe gefährdet. Und es gilt natürlich, die Bedürfnisse der Drogenszene herauszufinden – der vielen bereits existierenden Studien zum Trotz.

Daß er stört, will der noch unerzogene Junkie einfach nicht einsehen. Obwohl er so schön in die Umfrage einbezogen wurde, hat er frecherweise nichts Neues gesagt. Zum Beispiel hätte er doch das Bedürfnis äußern können, ab sofort nur noch in Mümmelmannsberg sein zu wollen. Zaun drumrum, fertig.

Silke Mertins

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