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Der „hinnerk“ in der Hose

■ Ein neues schwules Stadtmagazin will Hamburg erobern

„Jetzt holt er seinen hinnerk raus!“ Mit solch eindeutig zweideutigen Aufklebern kündigte sich in den vergangenen Wochen, nahezu unbemerkt von der Hamburger Öffentlichkeit, in der schwulen Subkultur der Hansestadt die erste Nummer (zweideutig gemeint) von Hamburgs schwulem Stadtmagazin hinnerk an. Jetzt halte ich ihn in den Händen.

Geschmückt mit diesem originellen plattdeutschen Namen und einem Coverkerl, der wohl ein nicht so ernst gemeintes Seemannsimitat auf Schiffsbug darstellt, liegt hinnerk - gratis und 36 Seiten stark - seit November in der Schwulenszene aus. Der Magnus Medien Verlag aus Berlin, der bundesweit die Homosexuellenzeitschrift magnus herausgibt und mit der Berliner „Siegessäule“ bereits reichlich Erfahrungen mit der Produktion eines aufwendig gestalteten Gratishefts gesammelt hat, steigt mit hinnerk in den Hamburger schwulen Medienmarkt ein.

Mit Erfolg: Gelungen sind die Hintergrundberichte zum schwulen Fernsehen „Blow up!“, zur Schauspielhauspremiere „Angels in Amerika“ (19. November) oder zum Aids-Projekt „Leuchtfeuer“. Amüsant und informativ berichtet hinnerk über die Wahl des Mr. Gay Norddeutschland (was es alles gibt) und die Aktionen des Safer Sex Promotion Teams aus Amsterdam.

Hinnerk geht differenzierter und umfassender auf Hamburgs Szene ein, als es bisher das Berliner „Zentralorgan“ magnus leisten konnte. Allerdings offenbart der Beitrag über die schwulenfeindlichen Texte der Musikkapelle der Gruppe „Illegal 2000“ einen Mangel: Hinnerk zeigt - nicht nur hier - wenig Lust zur Kontroverse. Ein Blick auf Bands, die bei Schwulen hoch im Kurs stehen und sich schwulenfeindlich äußern, wäre sinnvoll gewesen. Als insertionsabhängiges Magazin ist hinnerk zu wünschen, nicht nur anzeigenkundenfreundlich, sondern auch kritisch zu sein.

Eine letzte Anregung: Serviceteil und Terminkalender sollten künftig als herausnehmbarer Mittelteil, passend für jede Jeans, gestaltet werden. Schwule könnten sich dann mit einem Griff in die Hose manche Orientierungslosigkeit ersparen. Rüdiger Hülskamp,

Schwuler Info-Laden

Hein & Fiete

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