: Der gute Nachbar von Bariloche
■ Betr.: Erich Priebke
Immer habe er sich gut betragen, heißt es in San Carlos de Bariloche über Erich Priebke, einen der angesehensten Bürger der Stadt. Jahrelang war Erich Priebke unter seinem richtigem Namen Präsident des Trägervereins der Deutschen Schule, organisierte den Schüleraustausch mit Deutschland und trat bei Empfängen in aller Öffentlichkeit auf. Und das, obwohl es in der Gegend kein Geheimnis war, welche Rolle er als SS-Hauptmann beim Massaker in den adreatinischen Höhlen 1944 gespielt hatte.
Ende 1948 war Priebke nach Argentinien gekommen. Ein österreichischer Bischof soll ihm mit falschen Papieren die Flucht ermöglicht haben. In Argentinien freilich meldete sich Priebke mit richtigem Namen – aus Erich Priebke wurde Don Erico Priebke. Zunächst schlug er sich in Buenos Aires als Kellner durch. Doch schon 1954 zog es ihn zu den Deutschen in Bariloche, wo er eine Stelle im Hotelgewerbe der Stadt fand. Bald machte er seinen eigenen Laden auf und stellte deutsche Wurst her. Er stieg auf, wurde zum Vorsitzenden des deutsch-argentinischen Kulturvereins – und fühlte sich ausgesprochen sicher.
Aufregung in das Leben des ehemaligen SS-Mannes kam erst, als ein US-amerikanischer Fernsehreporter in Bariloche auftauchte. Für ABC suchte er den untergetauchten Nazi und ehemaligen Wehrmachtsoffizier Reinhard Kopps, fand ihn auch unter dem Namen Juan Mahler – und erhielt von Kopps den entscheidenden Hinweis auf den „Hauptmann Priebke“.
Seit über einem Jahr nun steht Priebke unter Hausarrest in Bariloche, lebt gemeinsam mit seiner Frau unter Bewachung – und hofft, sich nach dem Urteil des Bundesgerichtes wieder frei bewegen zu können. Wenn die Berufung so viel Zeit in Anspruch nimmt wie die ersten beiden Instanzen, dann muß der heute 82jährige, dem Depressionen und gesundheitliche Probleme nachgesagt werden, um seinen Lebensabend im schönen Bariloche nicht mehr fürchten.pkt
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