Der große Hunger in Irland

■ Heute im Kino 46: Monika von Behrs Film über die irische Hungerkatastrophe von 1845

Irland, das „Paradies des armen Mannes“? So hieß es jahrhundertelang, denn mit einem bißchen Arbeit konnte ein Anspruchsloser überleben. Es gab Torf genug zum Heizen und Kartoffeln zum Essen. Dann, 1845, kam die Kartoffelfäule, die aus Kartoffeln einen stinkenden Schleim macht. Und es begann der Große Hunger, die grausamste Hungerkatastrophe Europas, die etwa eine Million Menschen das Leben kostete. „Der große Hunger“ ist auch der Titel des neuen Films der Bremer Filmemacherin Monika von Behr, der Ende Januar bei ARTE lief und heute im Kino 46 gezeigt wird.

Der Große Hunger war nicht nur eine Naturkatastrophe, und das ist auch der Grund dafür, daß die Iren diesen Teil ihrer Geschichte bis heute am liebsten ausblenden. Die Katastrophe erinnert an ihre nationale Schmach: die englische Unterdrückung, die Degardierung des katholischen Irland zur britischen Agrarkolonie. Die Bremerin zeigt in ihrem Film Spuren, die die Hungersnot in der irischen Landschaft und – über Erzählungen und Lieder – in der irischen Seele hinterlassen hat. Sie beweist aber auch, daß die Katastrophe weitgehend von Menschen gemacht war – als schon die Verhungerten unbegraben auf den Straßen lagen, holten die britischen Landlords noch alles an Vieh und Korn aus dem Land, was einzutreiben war.

Die Hungernden lebten von Gras, Fröschen, Beeren und Tang und entsprachen immer mehr dem Jahrhunderte alten englischen Klischee vom Iren als sklavischem, faulem, bettelndem Sumpfbewohner. Die tiefen Selbstzweifel und Minderwertigkeitskomplexe der Iren sind heute noch überall zu spüren, die Bitterkeit über die mörderische Hungerzeit klingt in aktuellen Schlagern an. Ihren schlimmsten Ausdruck findet sie in den Bomben der IRA, die jetzt, nach 17 Monaten Waffenstillstand, wieder explodieren. BuS

Der große Hunger. Irland 1845-50. Mittwoch, 20.30 Uhr im Kino 46. Monika von Behr ist anwesend.