: Der große Frust
■ Konservative Polizeigewerkschaft untersuchte Stimmungslage ihrer Klientel
Joachim Lenders ist Polizeigewerkschafter. Und CDU-Bürgerschaftsabgeordneter. Wenn er über die Stimmung in der Hamburger Polizei redet, dann spricht er in beiden Funktionen. So stellte er gestern als Landesvorsitzender eine selbst konzipierte Untersuchung seiner Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) aus dem August vor, in der die Hamburger Polizis-tInnen nach ihren Erwartungen befragt werden, die mit einem Regierungswechsel verknüpft sind. 77 Prozent glauben danach, mit der CDU werde sich die Situation der Polizei verbessern.
Die Befragung erforscht das Seelenleben Hamburger Polizeibeamter noch unter Rot-Grün. Und das bringt Lenders auf die Formel: Überlastet, unterbezahlt, unzufrieden. Die 2000 Befragten klagen über ein schlechtes Image ihres Berufes, über miese Beförderungsaussichten und Unterbesetzung. Dieselbe Umfrage hat die DPolG, die im Gegensatz zur „Gewerkschaft der Polizei“ (GdP) die im konservativeren Beamtenbund organisierten PolizistInnen repräsentiert, schon 1998 durchgeführt – da waren die Ergebnisse noch schlechter.
Lenders hält aber auch die Resultate dieses Jahres noch für „katastrophal“ und nutzt das Forum, um mit Rot-Grün abzurechnen. „Der Raubbau der Hamburger Politik an der Polizei sucht in Deutschland seinesgleichen“, man schiebe einen Berg von einer Million Überstunden vor sich her. Die Polizeiführung sei konzeptionslos, so würden ohne sachliche Begründung ganze Abteilungen aufgelöst, weil deren Beamte für die Soko USA, die die Anschläge in New York untersucht, abgezogen würden.
Wenig überraschend hält Lenders die Rezepte seiner Partei lobend dagegen. So sei die Ankündigung, mehr Polizeistellen zu schaffen, ein „deutliches Signal“. Die Gewerkschaft verlangt zudem vom Senat „die schnelle Abschaffung der völlig unnötigen Polizeikommission“, sagt Lenders und tut so, als wisse er nicht, dass der neue Senat am kommenden Mittwoch als erste Amtshandlung die Kommission liquidieren wird.
In die Suppe spuckte ihm gestern der Personalratschef der Polizei, Freddie Lohse. Die vom Rechts-Senat geplante Abwerbung von PolizistInnen aus anderen Bundesländern, urteilte er, sei „kein gangbarer Weg“. Peter Ahrens
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