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Der große Bluff

■ Mit Windmühlen-Paragraphen gegen Giftexporte

Wahren Grund, nach dem Abschluß der Basler Giftmüllkonferenz die Sektkelche klingeln zu lassen, hatten gestern zweifellos die Gastgeber: Die Regierungsfunktionäre der Eidgenossenschaft und die Manager der Basler Chemie-Multis. Endlich darf die Chemie-Metropole ihr durch Seveso-Fässer und Sandoz-Katastrophe schwer ramponiertes Image mal mit positiven News aus der Welt der ätzenden Moleküle aufpolieren. Ansonsten bietet das Endprodukt dieser UNO -Konferenz zum Jubeln keinen Anlaß: Die tage- und nächtelang heiß umkämpften Papierberge bilden keinen wirksamen Damm gegen die giftige Flut aus den Industrieländern in die Entwicklungsländer. Sie werden den Strom registrieren, kanalisieren und regulieren, aber kaum stoppen. Ein Teil der Geschäfte, die gestern noch als Schiebereien Schlagzeilen abwarfen, wird morgen mit Gewerbeschein abgewickelt. Gemessen an ihrer ursprünglichen Forderung, nämlich einem totalen Giftmüll-Bann, bringt die Konvention den Drittweltländern wenig. Immerhin wird ihnen das Recht auf Importverbote und ein Informationsrecht über die weltweiten Giftmüll-Bewegungen garantiert. Daß Länder wie Pakistan oder Südafrika trotz Atomwaffensperrvertrag nicht vom Aufbau eigener militärischer Atomprogramme abzuhalten waren, beleuchtet den Wert völkerrechtlicher Paragraphenwerke. Das Gesetz des Geldes kennt eben keine Paragraphen!

Die Abgesandten Bonns agierten auch in Basel nach dem Muster, das sie in Sachen Umwelt sonst auf dem Parkett der Europäischen Gemeinschaft meisterhaft praktizieren: Hinter verschlossenen Türen wird abgeklemmt und geblockt, draußen, im Scheinwerferlicht der Medien um so deftiger geklotzt: Selbstredend wären die kategorischen Vorreiter aus Bonn wieder mal gerne viel weiter galoppiert; doch andere Bösewichte haben, man kennt das Lamento aus Brüssel, die Zügel angezogen. Da kann einem wirklich der Gaul durchgehen!

Thomas Scheuer, Basel

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