: Der feine Unterschied
■ Killer-Bibliothek im Westwerk
Killer-Bibliothek DENKE 30+ „Papa“; MAZURK-IEWICZ 30 „Gentleman Murderer“An die 600 Blätter hängen in der Galerie Westwerk an drei Wänden, in alphabetischer Reihenfolge. Auf jedem steht mit Bleistift der Name eines Serien-Mörders, die Zahl seiner Opfer (das Pluszeichen bedeutet, daß für weitere Opfer keine schlüssigen Beweise existieren) und der von der Öffentlichkeit verliehene Spitzname. Vereinzelt stehen auch zwei Namen auf dem Papier: Das sind dann die Serienmöderpärchen. Sie hängen so, daß man sie hochheben kann und darunter zu einzelnen Exemplaren dieser Ausnahme-Gewalttäter eine „Gene Pool“ Zeichnung bewundern kann. Ausgehend von Foucaults spitzfindiger Bemerkung, daß jede Gesellschaft die Kriminellen hat, die sie verdient, begann der 37jährige Künstler Max Frazee sich für dieses aufregende Phänomen hochentwickelter Industrienationen zu interessieren. Das sei weniger langweilig als politisch konzipierte Kunst, verrät der große, kräftige Mann, der als Keramiker begann. 80% aller Serienmörder weltweit sind Amerikaner. Von diesen sind alle weiß. 95% haben eine institutionalisierte oder extrem repressive Kindheit überlebt und ausnahmslos alle eine stark gestörtes Verhältnis zur Sexualität. Nur ca. 5% sind Frauen. Frazee hat ür seine Recherchen nur das 20ste Jahrhundert berücksichtigt. Serienmörder wird man erst mit dem dritten Mord. Der feine Unterschied zum Massenmörder oder Amoklaüfer beruht darauf, daß der Serienmörder pro Auftritt nur ein Opfer wählt und dieses ihm, im Gegensatz zum Durchschnittsmörder, immer unbekannt ist. Ob seine Arbeit künsterische Qualitäten habe? Frazee verweist auf den Bildhauer Bruce Naumann: „Naumann hat mit seiner Arbeit eine vollständige, in sich geschlossene Welt gebaut. Das ist ein ausreichendes Kriterium für große Kunst.“
Daniel Rau
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