: Der entfleuchte Traum des Jürgen S.
■ Im Volleyball-Pokalviertelfinale bezwingt der SC Charlottenburg einen lustlosen Post/TSC glatt mit 3:0 Sätzen/ Die von einer guten Fee eingekauften Spieler waren unfähig zur Zusammenarbeit
Charlottenburg. Es war einmal ein Trainer, nennen wir ihn Jürgen S., der hatte einen Traum. Einmal Erste Liga und dann noch vor dem ewigen Konkurrenten SCC. In seinem süßen Traum erschien ihm eine hübsche Fee, die stellte ihm die Bude voll mit aktuellen und ehemaligen Nationalspielern. Da stand in der einen Ecke der Schlacks Rene Hecht, vor ihm hockte Youngster Robert Dellnitz, auf dem Sofa machte sich Sven Eggert lang, und David Schüler hielt schützend seine großen Hände über das ganze Unternehmen. Dazu ließ die gutmütige Fee noch einen Sack voller Knete an der Tür stehen und legte noch Kostia Bouriakine dazu.
»Na also,« dachte sich da Jürgen S., »keine Frage, wir sind die Besten in der Stadt.« Doch irgendwie wurde aus alledem keine Mannschaft, der rechte Geist fehlte. Temperamentvoll waren allein die verbalen Auseinandersetzungen des Trainers mit seinen Stars während der Spiele. Für Gegner und Zuschauer oft undurchschaubar blieben die von der Trainerbank verordneten Spielerwechsel. Alle hatten ihr Auskommen übers Jahr und freuten sich auch darob. Der Abstieg wurde klug vermieden, es gab, Gott sei's geklagt, noch schlechtere Teams in dieser Liga.
Spätestens Samstag abend aber muß Trainer Jürgen S. doch aus seinem Traum erwacht sein. Da standen sich die beiden Lokalrivalen SCC und Post/TSC zum dritten Mal in dieser Spielzeit gegenüber, diesmal im Viertelfinale des Pokalwettbewerbs. Endrundenteilnehmer SC Charlottenburg trillerte drei Sätze lang mit halber Kraft doch konzentriert vor sich hin und ließ den Schützlingen von Jürgen S. beim 3:0-Sieg (-6,-10,-11) nicht den Hauch einer Chance. Völlig unmotiviert und bar jeglicher mannschaftlichen Geschlossenheit zeigten die ganz in Schwarz gekleideten Post-Spieler an Arbeitsverweigerung grenzende Leistungen. »Der hat das mit Absicht gemacht«, empörte sich am Spielfeldrand Manager Uwe Krause, als Auswahlspieler Rene Hecht einen weiteren Angriff in den gegnerischen Block schlug. Rene verabschiedet sich frustriert für eine Weile aus Berlin, da das Ausland, sprich Italien, sportlich und finanziell mit lukrativeren Angeboten lockt. Der Rekordnationalspieler hatte sich speziell in sportlicher Hinsicht doch erheblich mehr vom Post-Debüt in der Bundesliga versprochen.
Wieder mal auf das Post-typische Zuspielerproblem einzugehen, wäre langweilig. Lassen wir's also. Doch halt; Manager Uwe Krause hat auch einen Traum. Er möchte gerne einen Nationalsteller verpflichten. (Die deutsche Mannschaft spielt ja mit zweien, welcher darf's denn sein?) Wer möchte das nicht? Wieso der aber ausgerechnet in Berlin bei Post/ TSC spielen sollte und nicht weiter am heimischen, finanzkräftigen Bodensee seine Brötchen verdienen, bleibt äußerst fraglich.
Der SCC steht somit im Halbfinale. Außer Meister Moers sind noch die Jung-Stars aus Dachau und die neuerstarkten Hamburger Jungs um Frank »Macke« Mackerodt und »Vossibär« Christian Voß im Wettbewerb. Will Trainer/Manager Niroomand mit seinem Team im Geschäft bleiben, muß das Finale, möglichst gegen Meister Moers erreicht werden. Im EC-Cup schon frühzeitig am dänischen Vertreter gescheitert und im Play-off nur auf dem vierten Rang gelandet, bietet der deutsche Pokal die einzige Möglichkeit für die Charlottenburger, auch in der kommenden Spielzeit auf internationalem Parkett auftreten zu dürfen.
Die Moerser von Apotheker Krivec starten auf jeden Fall im Meistercup. Bleibt für den zweiten Pokal-Finalisten der Europacup der Pokalsieger. Dazu muß aber wieder eine Fee, diesmal möglichst eine intelligente, bei der Auslosung dafür sorgen, daß der SCC nicht schon in der Vorschlußrunde auf Magic Schorsch und Co. trifft. uzi
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