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■ Der Zug am Joint ersetzt den FührerscheinKönig Alkohol, Schurke Cannabis

Düsseldorf (taz) – Alles begann in einer Kneipe vor drei Jahren. Der Student Dirk H. ließ sich von einem Bekannten zum gemeinsamen Haschzigarettchen überreden, seinem allerersten. Sie fuhren auf einen Waldparkplatz, es war Nacht, stellten den Motor ab und hatten den 1-Gramm-Stengel bestenfalls dreimal hin- und hergereicht, als die Polizei aufkreuzte. Die stellte das glimmende Tatwerkzeug „sicher“ und ordnete den autofreien Heimweg an.

Der Staatsanwalt stellte die Bagatelle ein. Inzwischen aber hatte das Straßenverkehrsamt Mettmann Blut beziehungsweise Rauschgift geleckt und von Dirk H. ein medizinisch-psychologisches Gutachten verlangt: Es gebe „Anlaß zu Zweifeln an Ihrer Kraftfahreignung“. Man behauptete, H. sei „wegen Verstoßes gegen strafrechtliche und verkehrsrechtliche Bestimmungen bestraft bzw. mit einem Bußgeld belegt worden“. Da dies nicht zutraf, verweigerte der Student das Gutachten.

Dummerweise hatte er sich zuvor schon auf die Untersuchung eingelassen, und das machte die Mettmänner erst recht scharf. Es sei ja bekannt, unkten sie, daß schon einmaliger Konsum von Haschisch „die Fahrtauglichkeit in schwerwiegender Weise beeinträchtigen kann“. Sie schwadronierten vom „Wiederaufflammen der Rauschsyndrome (Flash-Back, Echorausch) – bekanntlich typische LSD-Erscheinungen – und blieben stur.

H.s Rechtsanwälte argumentierten, daß ihr Mandant straflos, die Anordnung des Gutachtens unverhältnismäßig und daher rechtswidrig sei, wer bei einem Glas Bier „erwischt“ werde, müsse ja auch nicht zum Amtsarzt usw. Umsonst, die Sittenwächter von Mettmann repetierten wie im Rausch ihre Formeln und verhängten schließlich das Fahrverbot. Der Streit landete beim Verwaltungsgericht. Jetzt führte die Mettmann- Riege gar ein Mannheimer Urteil ins Feld, wo ein Taxifahrer wegen Besitzes von 15 Gramm Marihuana (!) bestraft und seinen Führerschein losgeworden war. Das war den Richtern denn doch zu starker Tobak. Sie holten den Fall auf den Teppich der Tatsachen zurück und gaben Dirk H.s Begehren statt.

Revision! schrie die Kreisbehörde. Und wirklich, die Oberverwaltungsrichter gaben ihr den Blankojagdschein gegen haschverdächtige Führerscheininhaber zurück, in „Anbetracht der Gefahren für das hohe Gut der Verkehrssicherheit“ – und ungeachtet dreier ärztlicher Gutachten, die H. beste Gesundheit attestierten. Darauf gingen die Anwälte vors Bundesverwaltungsgericht. Es müsse grundsätzlich klären, ob denn schon ein klitzekleiner Drogenkonsum die Anordnung eines Gutachtens rechtfertige. Wenn ja, „dann dürfte wohl ein Chaos ausbrechen“. Das Bundesverwaltungsgericht ließ die Beschwerde abprallen. Lässig beschied es, es liege keine „klärungsbedürftige Rechtsfrage“ vor. Jetzt ist das Bundesverfassungsgericht dran.

Auf seinen Führerschein wartet Dirk H. noch immer. Warum konnte er aber auch damals auf dem Parkplatz nicht einfach zum Alkohol greifen? 60 Prozent der Deutschen tun das doch auch regelmäßig. Dirk hätte ruhig ordentlich zulangen können, der Zündschlüssel steckte ja nicht. Seiner Gesundheit hätte das zwar mehr geschadet als die paar lächerlichen Züge. Aber nie und nimmer wäre ein Oberkreisdirektor auf die fixe Idee verfallen, ihm ein medizinisch-psychologisches Gutachten samt Familienanamnese und allen Schikanen abzufordern. So wird man zu härteren Rauschmitteln genötigt. Alles der Straßenverkehrssicherheit zuliebe. Olaf Cless

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