Der Wurstkönig kommt wieder

■ Kurz nach Ablauf der Verjährungsfrist will Karl Könicke sein Schweizer „Exil“ verlassen

Die Bremer Wurstfabrik Karl Könecke bekommt ihren Chef und Inhaber zurück. Innerhalb der nächsten zwei Wochen will der 62jährige Fleischfabrikant wieder hinter dem Chefschreibtisch seiner Sebaldsbrücker Firma Platz nehmen. Könecke hatte sich im November 1991 in die Schweiz abgesetzt, um seinem Strafprozeß wegen Steuerhehlerei zu entgehen. In einem Gespräch mit „buten & binnen“ hat er jetzt, gerade mal einen Monat nach Ablauf der Verjährungsfrist, seine Rückkehr angekündigt.

„Ich habe mir die ganze Zeit nichts sehnlicher gewünscht, als nach Bremen zurückzukommen und mich dort einzureihen, wo ich hingehöre“, sagte Könecke kurz nach seiner Rückkehr von einer fünfmonatigen Südafrika-Reise in der Schweiz zu „b&b“-Reporter Eike Besuden. Über zwei Jahre lang habe er sich ausschließlich in Ländern aufgehalten, die für Steuerbetrug kein Auslieferungsabkommen mit der Bundesrepublik haben. Die meiste Zeit residierte er im Schweizer Kanton St. Gallen.

In dem Prozeß, der nun nie mehr stattfinden wird, hätten Karl Könecke bis zu fünf Jahren Knast gedroht. Zwischen 1982 und 1984, so die damalige Anklage der Staatsanwaltschaft, habe Könecke insgesamt 1,2 Millionen Kilo geschmuggeltes Schweine- und Rindfleisch billig aufgekauft und verarbeitet. Die aus Brasilien und Ungarn stammende Ware war als „Fleischabfall“ deklariert und damit viel zu niedrig besteuert worden. Über zehn Millionen Mark seien dem Staat dabei durch die Lappen gegangen. Von dem Schmuggel, für den die „Importeure“ aus Gelsenkirchen und Frankfurt rechtskräftig verurteilt wurden, habe Könecke gewußt und zudem mindestens 250.000 Mark Provision eingestrichen.

Sein Abtauchen hatte Könecke 1991 gründlich vorbereitet. Noch bis kurz vor Prozeßbeginn am 19. November führte er seine Firma ganz normal und entging damit einem Haftbefehl wegen Flucht- oder Verdunklungsgefahr. Im Oktober ließ er sich zum Beispiel auf der Kölner Nahrungsmittel-Messe Anuga sehen. Parallel dazu verlegte er eine lukrative Immobilienfirma in die Schweiz, von deren Erträgen er die vergangenen zweieinhalb Jahre lebte. Und noch eine Woche vor dem ersten Prozeßtag holte er im Ortsamt seinen nagelneuen Reisepaß ab, um zur Not zehn Jahre lang unbehelligt von deutschen Behörden im Ausland leben zu können.

Doch so lange mußte der Wurstkönig gar nicht warten. Genau zehn Jahre nach dem letzten „Fleischabfall“-Import bekam Köneckes Bremer Anwalt die amtliche Mitteilung, das Verfahren sei nun endgültig eingestellt. „Wir haben ihn halt nicht gekriegt“, sagt Staatsanwaltschafts-Sprecher Hans-Georg von Bock und Polach. Damit ist auch das gesamte beschlagnahmte Bremer Könecke-Vermögen wieder an den Wurstkönig zurückgefallen.

Auch unter staatlicher Treuhänderschaft hat die Sebaldsbrücker Firma floriert, so daß Könecke nun mehr Geld zurückbekommt, als 1991 beschlagnahmt worden war. Der Boom im Ex-DDR-Geschäft ließ die Beschäftigten-Zahl deutlich über die 1.000er Grenze steigen, der Umsatz stieg auf über 350 Millionen Mark an. Karl Könecke selber hat dabei die Zügel nie aus der Hand gegeben. Regelmäßig traf er sich mit seinen Bremer Geschäftsführern zu Lagebesprechungen auf dem Züricher Flughafen.

Mit schlechtem Gewissen hatte der Wurstkönig dabei nicht zu kämpfen. „Ich bin mir keiner Schuld bewußt“, sagte er auch noch nach Ablauf der Verjährung im „b&b“-Interview. Das von ihm Anfang der 80er Jahre aufgekaufte Fleisch sei eben einfach sehr billig gewesen. Daß dahinter Zollbetrug steckte, habe er nicht einmal geahnt, da sei er von seinen Geschäftspartnern „gröblich getäuscht“ worden.

Richtiggehend enttäuscht hat Könecke lediglich den Vorsitzenden der fünften Strafkammer am Bremer Landgericht, Eduard Scotland. Nachdem er drei Verhandlungstage mangels Angeklagtem wieder abblasen mußte, seufzte er: „Ich hätte nicht gedacht, daß Könecke kampflos aufgibt und sich einfach aus dem Staub macht.“

Ase