: Der Weg nach Bethanien
■ Wie eine Frau ins Findorffer Mutter-Kind-Haus fand
Auf dem Höhepunkt ihrer Lebenskrise wurde die 22jährige Jana Müller (Name geändert) in einem MacDonald's Restaurant von einer Frau angesprochen, „die da immer stand und Leute ansprach“. Die freundliche Dame, im Auftrag ihrer Gemeinde unterwegs, gewann leicht das Vertrauen Jana Müllers und erklärte der bis dato vom Christentum wenig berührten Frau, daß eine Lebenskrise immer ein Wink Gottes sei. „Gott kann einem nur helfen, wenn man sich ihm ganz öffnet“, lehrte die MacDonald's-Christin, und Jana Müller öffnete sich.
Die berufslose Frau stand mit ihrem sechs Monate alten Sohn vor dem Trümmerhaufen einer gescheiterten Ehe. Sie erzählte der freundlichen Dame freimütig über ihren früheren Umgang mit Pendel ud Tarot-Karten. Dabei hatte sie „immer gespürt, daß da etwas ist, was ich nicht sehen sollte“. Die treue Gemeindeschwester schaltete schnell: Karten und Pendel seien das Werkzeug des Teufels, erklärte sie, und das, was Jana verborgen bleiben sollte, war niemand anders als Gott. „Ich habe oft den Hierophanten gezogen beim Tarot“, erinnert sich Jana Müller und ist sicher, daß sich Gott zu erkennen geben wollte.
In der Gemeinde der freundlichen Frau erfuhr sie über Umwege vom Bremer Mutter-Kind-Haus Bethanien. Von mehreren Bewerberinnen bekam sie den Zuspruch für zwei Zimmer, zog aus ihrer früheren Umgebung fort und begann ein neues Leben. „Immer ist jemand da, der einem hilft“, berichtet sie über ihr jetziges Leben. Drei Tage in der Woche gibt sie ihren Sohn in der Kinderkrippe ab und besucht montags die im Mietvertrag vorgeschriebenen Hausabende „auf der Basis von Jesus“.
Neulich hat sie an einer Unterschriftenaktion im Haus gegen die Einführung der Fristenlösung teilgenommen. „Die Abtreibungsbefürworter denken, daß das ein Stück Fleisch ist, das da abgesaugt wird, aber tatsächlich wird das Kind zerschnippelt.“ Bleiben will sie in Bethanien nur vorübergehend.
mad
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen