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„Der Wartburg — das war schon ein Wagen“

■ Wenn heute in Eisenach der letzte Wartburg1.3 vom Montageband läuft, ist die Geschichte der DDR-PKWs endgültig zuende

Eisenach/Berlin (dpa/adn/taz) — Heute wird im Automobilwerk Eisenach (AWE) endgültig das letzte Auto vom Band rollen: ein Wartburg1.3, der zugleich das 1.836.695ste Auto aus Eisenach ist. „Der Wartburg“, erinnert sich ein taz-Kollege mit DDR-Vergangenheit, „der Wartburg, das war schon ein Wagen.“ Im Gegensatz zum Trabant, der „die Pappe“ war, und für den ebenfalls der April 1991 das Aus brachte. Besonders die letzte Wartburg-Version 1.3 mit VW-Motor bot die Möglichkeit, sich aus der Masse der sozialistischen Automobilisten abzuheben; kostete sie doch 30.000 Ostmark, während „die Pappe“ es höchstens auf 16.000 brachte. Die Treuhandanstalt hatte am 21. Januar 1991 den Produktionsstop des Autos verfügt, das pro Stück mit 7.000 Mark subventioniert werden mußte. 7.200 Wartburg, für die das Material bereits auf Lager war, durften noch gebaut werden.

93 Jahre alt wurde das Automobilwerk Eisenach von 1896. Der „Dixi“, ein preisgünstiger Kleinwagen, erreichte den ersten automobilen Verkaufsrekord. Trotz 1. Weltkriegs und Inflation rollten 9.308 Pkw dieser Marke aus den Eisenacher Fertigungshallen. Dieser Erfolg lockte die Konkurrenz zur Übernahme, und von 1929 bis 1941 wurden in Thüringen BMWs produziert.

Nach dem 2. Weltkrieg übernahmen die Sowjets das Werk, in dem ab 1. November 1945 wieder BMW- Modelle zusammengeschraubt wurden. Die ersten beiden neuen Eisenacher BMW-Prototypen wurden 1951 auf der Leipziger Messe vorgestellt.

Sozialistische BMWs? — Das ging den Münchnern auf Dauer denn doch zu weit. Die bundesrepublikanischen Richter der Adenauer-Ära konnten das Grauen in der blau-weißen Autoschmiede durchaus nachvollziehen: BMW gewann den Prozeß gegen den Düsseldorfer Generalvertreter des Eisenacher Betriebes. Daraufhin färbten die Thüringer das Firmenzeichen in die eigenen Landesfarben rot-weiß um und nannten sich fortan „EMW“ (Eisenacher Motoren Werke).

Erst seit 1956 heißen die Wagen des Werks Wartburg. Die größte Stückzahl, die in Eisenach je gebaut wurde, erreichte der Wartburg353 in den Jahren 1966 bis 1988 mit über einer Million. Die 22 Jahre ohne Neuentwicklung gelten vielfach als Symbol für die Innovationsunfähigkeit volkseigener Betriebe. Nicht ganz zu Recht, gab es doch durchaus Bemühungen der Konstrukteure und Techniker, das Auto zu verbessern.

So wurde 1969 das Vollheck-Plaste-Coupé Wartburg355 vorgestellt, eine optisch dem Porsche nachempfundene Sportvariante, die aber nur in geringer Auflage produziert wurde. Eher als Kuriosum ist wohl das schwimmfähige Kübel- Jagdfahrzeug Wartburg400 zu werten. 1978 schließlich entwickelten die Eisenacher gemeinsam mit den Trabi- und den Skoda-Bauern das sogenannte RGW-Auto Wartburg610M mit einem Skoda-Viertaktmotor, der dann — aus Kostengründen — ebenfalls nicht in Serie ging.

Den Entwicklern im Automobilwerk Eisenach wurde daraufhin vom SED-Politbüro jede weitere Forschung verboten. Einzig neu war ab 12. Oktober 1988 der Wartburg 1.3 mit endlich zeitgemäßem Viertaktmotor in der leicht geschönten Karosse. Daß im August 1990, als das Ende des Wartburgs sich bereits abzuzeichnen begann, eine getunter „New-line“-Wartburg vorgestellt wurde, konnte am Ende der eigenständigen Automobilentwicklung auch nichts mehr ändern. Mit dem Produktionsstopp wird sich die Zahl der Kurzarbeiter im AWE auf etwa 4.700 erhöhen.

Gegenwärtig beschäftigt das Werk noch 6.100 Menschen. Ab Ende 1992 sollen in einem neugebauten Opelwerk auf der grünen Wiese 2.600 Menschen jährlich 150.000 Corsa und Kadett bauen. Donata Riedel

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