■ Der Wahrheit-Klub: Vorstandsempfangsbericht: Ein Abend in der VIP-Lounge

In der seit seinem Bestehen bisher kürzesten Beschlußfassung hat der Vorstand des Wahrheit-Klubs einstimmig entschieden, den Verlauf seines ersten offiziellen Empfangs von Vollmitgliedern als sehr befriedigend zu bewerten. Rund 60 ansprechend gekleidete Vollmitglieder waren der Einladung in die exklusive VIP-Lounge des Wahrheit-Klubs gefolgt, passierten anstandslos das für die Vollmitgliederkontrolle vorgesehene Drehkreuz, zeigten unaufgefordert ihre Ausweise und erwiesen dem Vorstand und dem LAMINATOR – zumindest im großen und ganzen – ihren Respekt.

Gekommen waren erwartungsgemäß überwiegend Berliner Vollmitglieder, darunter natürlich Zwangsmitglied 0000000798 und Gemüseassistent 0000000011. Besonders erfreut war der Vorstand über die Anwesenheit seines einzigen Fürstenwalder Vollmitglieds sowie des autonomen Mitglieds 0000000509. Pünktlich um 20 Uhr konnte mit dem Programmpunkt „Einnahme diverser Getränke“ begonnen werden, den Vorstand und Vollmitglieder bis zum frühen Morgen so attraktiv gestalteten, daß der Vorstand des Wahrheit- Klubs immer wieder klubfremde Personen abschlägig bescheiden mußte, die neidisch Einlaß begehrten. Diese mußten selbstverständlich jenseits des grünen Bandes bleiben, das die VIP-Lounge von den restlichen taz-Geburtstagsfeierräumlichkeiten trennte.

Um 21 Uhr wurde Frau Häusler von Frau Rönneburg sowie Mitglied 0000000505 sorgsam auf ein Fensterbrett gehievt, von wo aus sie den Beginn des „gemeinschaftlichen Zigarrerauchens von Vorstand und Vollmitgliedern“ ausrief. Eine erfreulich große Zahl von Vollmitgliedern folgte diesem Aufruf, und Vorstand TOM überließ großzügig seinen wertvollen Zigarrenschneider. Mit dieser Aktion konnte die zigarettenrauchgeschwängerte Luft der übrigen taz- Geburtstagsfeierräumlichkeiten durch den Duft edler Zigarren entschieden veredelt werden.

Die Gestaltung der „zwanglosen Gespräche“ geriet überwiegend mühelos. So hielten sich alle Vollmitglieder vorbildlich an das verordnete Tabuthema Klubvermögen. Die einzige Erwähnung von Geld an diesem Abend bezog sich nach Beschluß des Vorstands zweifelsfrei nicht auf das Klubvermögen, sondern konnte eindeutig dem erlaubten Themenfeld „Lotto“ zugeordnet werden. In diesem Zusammenhang forden wir das Vollmitglied, das kürzlich erfolgreich (!) vier Lottozahlen geträumt hat, auf, sechs richtige Zahlen zu träumen und diese dem Vorstand unverzüglich mitzuteilen. Über den komplizierten Quersummen-Vorschlag einiger weiterer Mitglieder bezüglich neuer Lottozahlen wird der Vorstand beraten. Unvorhergesehenerweise, aber aus gegebenem Anlaß mußte Frau Häusler an diesem Abend zwei weitere Gesprächstabus verhängen, die ab sofort für alle Vollmitglieder Wirkung haben: 1.) fette Katzen und 2.) die Nullen vor den Mitgliedsnummern.

Mit Wohlwollen prüfen wird der Vorstand zwei Anregungen, weitere Klubaktivitäten betreffend: 1.) Wandertag des Wahrheit- Klubs, 2.) Anmietung und Einrichtung eines Wahrheit-Klub-Raums. Als unwiederholbare Ausnahme möchte der Vorstand seine Bereitschaft gewertet wissen, mit einer kleinen Gruppe von Mitgliedern über eine künftig basisdemokratische Organisationsform des Wahrheit-Klubs geredet zu haben. Der Vorstand stellt ein für allemal fest, daß der Wahrheit-Klub kein Forum für demokratieverblendete Mitspracherechtler sein kann, sondern eher monarchisch verfaßt ist.

Als überaus wohltuend registrierte der Vorstand die Nicht- Anwesenheit des Klubmitglieds 0000000501, Jürgen Holm.