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■ Das PortraitDer Vogelbauer

Chen Yun Foto: AP

Chen Yun, seit 70 Jahren Mitglied der Kommunistischen Partei Chinas, langjähriger Weggefährte und schließlich Antagonist Dengs, hat seinem alten Freund einen letzten Gefallen getan und ist vor ihm gestorben, im 90. Lebensjahr. Aufatmen bei den westlichen „death-watchers“ in Peking: Der Tod Chens stärkt die Protegés von Deng und damit die Fortsetzung der „Öffnungspolitik“ gegenüber dem Westen. Der schwache Partei- und Staatschef Jiang Zemin kann aufatmen, die entschiedenen ökonomischen Reformer um Zhu Rongji können ihren Vormarsch fortsetzen. Die Koalition derer hingegen, die ein materielles Interesse am Fortbestand der zentralen Planungsbürokratien haben, ist ihrer Galionsfigur beraubt. Die Widersprüche, die Chinas „sozialistische Marktwirtschaft“ beherrschen, sind mit dem Tod Chens allerdings kein bißchen lösbarer geworden.

Chen, Schriftsetzer aus Schanghai, hatte am Langen Marsch teilgenommen, rückte auf der Konferenz von Sunyi ins Politbüro vor und diente der Volksrepublik China nach 1949 als Wirtschaftsexperte. Sein ökonomisches Denken formte sich in den frühen 50er Jahren unter dem Einfluß der Kritik am Stalinschen ökonomischen Voluntarismus. Maos großer Sprung nach vorne war ihm ein Greuel, er entging allerdings der Säuberungswelle von 1959, indem er sich rechtzeitig und auf lange Dauer krank meldete.

In der Kulturrevolution verfemt, aber nicht verfolgt, stieg er nach 1979 im Gefolge von Deng noch einmal ins Machtzentrum auf. Schon 1982 geriet er in Gegensatz zur Wirtschaftspolitik Dengs, der er vorwarf, durch eine hemmungslose Entfesselung von Wachstum und Konkurrenz das ökonomische Gleichgewicht zu untergraben. Damals entwickelte er sein berühmtes „Vogelbauer“-Theorem, nach dem der ökonomische Vogel zwar fliegen müsse (Markt), aber nur innerhalb eines (oder besserer innerhalb mehrerer) Käfige (Plan). Denn: „Ohne Vogelbauer fliegt der Vogel davon.“ Dieses archaische Konzept hatte gegenüber Deng keine Chance.

In der zentralen Frage, dem Machtmonopol der KP, gab es zwischen Deng und Chen nie Differenzen. Chen war zuletzt Vorsitzender der allmächtigen „Berater-Kommission“ der Partei. Es war dieses Gerontokratengremium, wo 1989 der Militäreinsatz gegen die Demokratiebewegung beschlossen wurde – mit Chens entschiedener Zustimmung. C.S.

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