■ Der Vatikan bereitet sich auf das Jahr 2000 vor: Der Weg ist das Ziel
Rom räumt auf für das Jahr 2.000, das heilige Jahr. Seit Monaten wird die U-Bahn rundumsaniert, um die Pilger, die zu Millionen erwartet werden, von einer Sehenswürdigkeit zur anderen transportieren zu können – schnell und sicher. Im Kolosseum werden Steine zurechtgerückt und abgestaubt, und auch der Vatikan bereitet sich vor auf das zweite Millennium post Christum natum: Ob der klerikale Kleinstaat bei dieser Gelegenheit auch entstaubt wird, wissen wir zwar nicht; wir wissen aber von anderen Problemen: Eine riesige Pilgerschar wird das heilige Jahr zum Anlaß nehmen, sich von Sünden reinzuwaschen. Das aber könnte für kilometerlange Staus vor den Beichtstühlen sorgen, und derer gibt es viel zuwenig in Rom. Wir wollen ja nicht zu kritisch sein, aber diese Anmerkung muß erlaubt sein: Die Stadt hatte ja wohl Zeit genug, mehr Beichtstühle bereitzustellen – nämlich bekanntlich ewig. Wie auch immer – es gibt also zuwenig Beichtstühle, und es wird zuwenig Beichtstühle geben. Aufblasbare Möbel soll der Vatikan abgelehnt haben, da sie zu leicht zerstochen werden können und der Papst ohnehin etwas gegen Gummi hat. Nein, das Problem muß sicher gelöst werden; mindestens so sicher, wie es auch die römische U-Bahn im Jahr 2.000 sein soll. Und da im Vatikan bekannt ist, wie sicher Schienen sind, zumal für schwere Güter, soll nun auch die schwere Schuld, die so mancher Pilger auf sich geladen hat, umgeladen werden – auf den Schienenverkehr.
Zwei Kommissionen – eine des Vatikans und eine der italienischen Eisenbahn – sind daher zusammengetreten, um gemeinsam den mobilen Zug-Beichtstuhl zu entwerfen: Die Pilger sollen sich schon während ihrer Reise nach Rom für ihre Entgleisungen Absolution erteilen lassen können, gewissermaßen sauber ans Ziel gelangen, damit der Beichtverkehr in Rom entlastet wird. Ob reuige Sünder aber auch nur die Hälfte der ihnen auferlegten Rosenkränze beten müssen, wenn sie im Besitz einer Bahncard sind, das weiß nur ER allein. Björn Blaschke
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