■ QUERBILD: Der Unfisch
Der Engel beißt ihm ins Herz. In einem Bergdorf stirbt der Schausteller Roberto und hinterläßt mitten auf dem Dorfplatz einen präparierten Wal, der ihn sein Leben lang begleitet hat. Die eigens angereiste Erbin Sophie Moor (Maria Schrader), inspiziert den Riesenfisch gemeinsam mit dem sitzengelassenen Bräutigam Karl, und im Bauch des Wales offenbart sich ein Wunder: Wer an diesem Ort mit Sophie schläft, bekommt einen Wunsch erfüllt. Als Karl aus dem Wal heraustritt, steht seine geliebte Maria plötzlich vor ihm. Ein skurriles modernes Märchen hat der in Wien lebende Regisseur Robert Dornhelm in bis zur Zeitlosigkeit einfachen poetischen Bilder gefaßt. Das Drehbuch zu Der Unfisch stammt von dem Österreicher Michael Köhlmeier, dessen gleichnamiger Roman auch in Deutschland zum Bestseller geworden ist. Goldene Nostalgie durchweht die Bilder einer unberührten Naturidylle; dennoch läge nichts ferner als der Vergleich mit einer Heimatschnulze. Von tumber Blasmusik begleitet metamorphiert das Märchen schon bald zur Groteske. Denn auch der Wunsch des verschmähten Nebenbuhlers wird erfüllt, leider, und Maria in einen Hund verwandelt. „Sein Sakko war weiß, sein Hemd blau, nur seine Gedanken waren schwarz“, charakterisiert eine Erzählerstimme aus dem Off den Bösewicht, der eine Lawine der Habsucht lostritt. Fortan bestellen Bauern ihre Felder mit Cadillacs, schwebt der Pfarrer durch die Gemeinde, und der Fleischer residiert hinter einer Jugendstilfassade. Nur Maria bleibt ein Hund ..., wenn, ja wenn Märchen nicht immer ein gutes Ende hätten. Sabine Claus
Neues Broadway
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