Der Terror von Boston im Netz: Quellen und Spekulationen
Die Angst vor der Rückkehr des Terrors und reichlich Unklarheit über die Täter: Wie die Anschläge von Boston im Internet aufgearbeitet werden.
BERLIN taz | Die Welt spekuliert, was genau beim Boston Marathon passiert ist und wer die Verantwortung dafür trägt – und am schnellsten läuft im Netz die Berichterstattung samt Spekulationen, Analysen und Einschätzungen.
Beim Boston Globe, eine der großen Tageszeitungen Bostons, dominiert der Terroranschlag online derzeit alles. Berichte und Kommentare wechseln sich ab mit interaktiven Karten, Videos und Fotostrecken.
Eine weitere Bostoner Lokalzeitung mit überregionaler Ausrichtung, der Christian Science Monitor, präsentiert sich etwas dezenter. Die Berichterstattung ist solide, die Mutmaßungen über die Täter reichen von Al-Qaida bis hin zu einem rechtsextremen Einzeltäter. Leicht deplatziert wirkt aber ein Terrorismus-Quiz: „Wieviel wissen Sie über Terrorismus?“
Immer wieder verblüffend ist, wie schnell die Wikipedia-Autoren auf aktuelle Ereignisse reagieren: eine solide Zusammenfassung, eine sinnvolle Artikelstruktur, 58 Quellen. Einen „Live-Ticker“ beziehungsweise „Live-Updates“ bieten derzeit die Huffington Post, das „News-Blog“ der New York Times, die Los Angeles Times, und die Technologie-Website TechCrunch, die Twitter-Statusmeldungen einbindet.
Aktuell und hintergründig
Aktuelle Nachrichten liefert auch die offizielle Website der Stadt, cityofboston.gov, hier werden vor allem Twitter und Facebook umfangreich genutzt. Auch das „Boston Police Department“ twittert. Unter #BostonMarathon, #Boston und #prayforboston sind derzeit fast sekündlich News, weiterführende Links und Beileidsbekundungen zu vernehmen. Google News bietet einen sich ständig verändernden Nachrichtenüberblick an. Viele Informationen liefert auch Boston.com.
Der Boston Herald befasst sich ausgiebig damit, dass die Polizei im Zusammenhang mit den Explosionen eine Wohnung im Bostoner Vorort Revere untersucht habe. Ein Online-Dossier von CNN beleuchtet fast alle Aspekte rund um den Anschlag. Der New Yorker hat einen bewegenden Artikel in seinem News-Blog veröffentlicht.
In all der Aufregung versucht das linksliberale Magazin Mother Jones, die Fakten nüchtern zu sortieren. Das konservative US-Weblog „RedState“ kritisiert allerlei Spekulationen über mögliche Täter und spricht unter der Schlagzeile „Die groteske Politisierung des Bostoner Bombenanschlags“ vom Ende des objektiven Journalismus.
Update 1
In Deutschland kommt es, wie es kommen musste: „Die CSU hat die mutmaßlichen Anschläge beim Marathonlauf in Boston zum Anlass genommen, erneut auf die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu dringen“, meldet die Nachrichtenagentur afp. Der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl sagte demnach am Dienstag im Deutschlandfunk, es wäre zwar töricht zu behaupten, dass die Vorratsdatenspeicherung allein Terrorakte verhindern könne. „Aber das ist ein Instrument neben mehreren.“
Fotos aus Boston finden sich vor allem auf Instagram und in diversen Tumblr-Blogs, Videos überwiegend auf Youtube und Nachrichtenwebsites – wie hier zum Beispiel der Guardian – und auf Twitter. Vorsicht: Es ist Bildmaterial dabei, das verstören kann. Google hat ein Tool online gestellt, mit dem man Personen in Boston suchen kann.
Auch USA Today hat mittlerweile ein umfangreiches Dossier zum Anschlag online – Fotos, Videos, Interviews. Die Chicago Tribune berichtet über die Fortschritte der Ermittler. ABC News aktualisiert ständig Nachrichten vom „Tag 2“. Viel gelesen wird immer noch ein Augenzeugenbericht auf Reddit.
Update 2
Wo Bilder von Toten und Verletzten unkommentiert ins Netz gestellt werden, stellt sich schnell die Frage: Muss das sein? Einen Beitrag zur Debatte liefert das Blog Basic Thinking. Naja, Promis beten für Boston, muss wohl sein.
Wichtiger: Ein Blog der Washington Post warnt vor pauschalem Muslim-Verdacht. Wo geht's jetzt lang, fragt und kommentiert die Los Angeles Times. Salon.com nimmt einen bekannten US-Verschwörungstheoretiker in den Blick. Auch Indymedia New York möchte gerne herumrätseln. Der Christian Science Monitor berichtet über den aktuellen Stand der Ermittlungen.
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