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■ Israel: Benjamin Netanjahus schwierige KabinettsbildungDer Staat – das war ich

Benjamin Netanjahu ist zwar nur von einer winzigen Mehrheit gewählt worden (der Unterschied betrug nur 29.457 Stimmen!), aber er hat sich vom ersten Augenblick an wie ein Kaiser gebärdet. Eine Karikatur zeigte ihn als Louis XIV.: „Der Staat bin ich.“ Seine ersten beiden Prüfungen hat er indes nicht bestanden.

Der erste Stolperstein war die Bildung einer Koalition. Was folgte, war ein Musterbeispiel politischer Erpressung. Die fünf Koalitionspartner (drei religiöse Parteien, eine Partei der russischen Neueinwanderer, eine Partei der Anhänger der Golanhöhen) bekamen sieben Ministerposten, riesige Geldversprechungen und Zusicherungen für weitere religiöse Zwangsgesetze. Netanjahu gab überall nach. Ein Parlamentarier witzelte: „Wenn Assad ein Koalitionspartner wäre, hätte er nicht nur die Golanhöhen, sondern auch Galiläa bekommen!“

Das Ergebnis der zweiten Prüfung, die Auswahl der Minister, war noch beschämender. Netanjahu hatte etwas Neues versprochen: eine „Regierung der Ausgezeichneten“, geprägt von Experten. Und tatsächlich wurde bekanntgegeben, daß ein weltbekannter Experte Finanzminister werden soll und ein berühmter Rechtsanwalt Justizminister. Damit waren einige der wichtigsten Likud-Führer ausgebootet.

Das war eine Kraftprobe. So sollten Netanjahus wichtigste Konkurrenten nicht in das Kabinett: Ariel Scharon, ein Gewaltmensch in jeder Hinsicht, und Dan Meridor, ein junger und populärer Politiker. Vorgestern brach dieser Plan jämmerlich zusammen. Netanjahu mußte nachgeben. Die Knessetsitzung wurde zweimal verschoben, dann war Meridor Finanzminister. Für Scharon soll ein neues, extra für ihn bestimmtes Ministerium eingerichtet werden: ein ominöses Gebilde, das praktisch ein Siedlungsministerium werden wird. Scharon, der schon früher den Siedlungsbau in den besetzten Gebieten gewaltig vorwärtsgetrieben hat, wird jetzt dort wieder wüten. Schon das wird einen Frieden fast unmöglich machen.

„Das ist keine schlechte Regierung“, sagte ein Kritiker, „sondern eine sehr schlechte.“ Netanjahu hat gezeigt, daß er Druck nicht widerstehen kann. Und in dieser Regierung wird er unter ständigem Druck der Rechtsradikalen, der ultrareligiösen und der rabiaten Siedler stehen. Wie er auf den Gegendruck der USA und der Araber reagieren wird, kann keiner wissen. Eins aber steht fest: Schon nach drei Wochen ist die Legende vom starken Netanjahu kaputt. Uri Avnery

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