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Das PortraitDer Sozialist nach Franco tritt ab

■ Felipe Gonzalez

Der Führer der spanischen Sozialisten, Felipe González, hat gestern zur Eröffnung des 34. Parteitages der PSOE überraschend angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Die PSOE, für die er über 13 Jahre das Amt des Regierungschefs innehatte, müsse erneuert werden. Das gehe nur ohne ihn, begründete González, dessen politische Karriere begann, als er 1974 in Frankreich zum Generalsekretär der Exil-PSOE gewählt wurde, seine Entscheidung.

Bereits damals lagen hinter dem 34jährigen Rechtsanwalt aus Sevilla, mit Decknamen Isidoro, 14 Jahre Parteimitgliedschaft und Auseinandersetzungen mit der alten, im Exil lebenden Garde der PSOE. Für seinen Bruch mit dem Marxismus und der Hinwendung zur Sozialdemokratie war González die Unterstützung der Sozialistischen Internationalen, allen voran der SPD unter Willy Brandt, gewiß. Nur ein Jahr nach seiner Wahl zum Parteichef wurde aus Isidoro wieder Felipe González. Diktator Franco war gestorben, die PSOE wieder legal.

Nach Jahren zäher Oppositionsarbeit, mit denkwürdigen Rededuellen zwischen González und Regierungschef Adolfo Suarez, kam für die Sozialisten 1982 die Stunde des Triumphs. Eine Million Stimmen, 202 der 350 Parlamentssitze. Die Bevölkerung tanzte zu den Klängen der Internationalen auf den Straßen Madrids. Felipe, wie er seither kurz genannt wird, zog in den Regierungspalast Moncloa ein.

Stärke, Charisma, die Angst vor der Rechten und nicht zuletzt der spektakuläre Anstieg der Lebensniveaus breiter Teile der spanischen Bevölkerung brachten González weitere Siege ein, bis er begann, über die Unzulänglichkeiten seiner eigenen Gefolgschaft zu stolpern: Korruptionsskandale und die Ermittlungen wegen des schmutzigen Krieges gegen baskische ETA-Sympathisanten füllten ab 1992 die Schlagzeilen. 1996 verlor González die Wahlen.

Er wolle auf keinen Fall den gleichen Fehler wie Margaret Thatcher begehen, warnte Felipe González, als er sich amtsmüde im Dezember 1995 zu seiner letzten Kandidatur hatte breitschlagen lassen: „Sie merkte nicht rechtzeitig, daß sie zu einem Problem für ihre Partei geworden war.“ Viele hatten diesen Satz bereits vergessen. González nicht. Er ist gegangen. Reiner Wandler, Madrid

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