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■ Der Riss — Die Band
Die Chronik des Riss zu verfassen, wäre ein Unterfangen für einen geduldigen Geschichtsschreiber. Dabei ist die Band erst knapp vier Jahre alt. Für die sechs ständigen Mitglieder aber Zeit genug, mit anderen mannigfaltige Umzubesetzungen zu erproben und die Wurzeln des Riss immer tiefer in das Mauerwerk der Stadt zu treiben. Anfangs auch mit der Galerie Das Dasein an Sich als Riss im Dasein kooperierend, später dann allein und immer wieder auf der Suche nach unabhängigen Kunststrukturen im Verborgenen, unter der Erde, über der Erde, zuletzt auch im Ostteil der Doppelstadt — ohne Unterlaß hat Der Riss versucht, die Aktivitäten seiner malenden, schreibenden, musizierenden Mitglieder zusammenzufassen.
So hat die Gruppe im Westen vorgeführt, was im Osten schon gute Sitte war: Vernissagen in kleinen Läden waren kein Ort für Sekt vor Small-Talk, sondern ein Paket geschnürt aus Lesungen, Ausstellungen und Konzerten. Nun weiter mit dem Projekt verbunden aber emanzipiert tritt Der Riss — Die Band auch allein auf: mit »freundlichem Desinteresse an herrschenden Trends« und »höflichem Umgang mit der sogenannten Klassischen Moderne« wird die eigene Orientierung umschrieben.
Die Wahl der angenehmen Worte führt auch sonst weit zurück in die Geschichte: von »Grundkonsens« ist die Rede, von »Kollektivarbeiten«, gar von »industrial sound«. Und nichts anderes tut die Musik selber: sie ist nicht mehr und nicht weniger als eine Zeitmaschine, die zurückversetzt in die Jahre, als schon einmal Rolltreppen abwärts fuhren, Flughäfen gebaut, Häuser eingerissen und erstmals Haare abgeschnitten wurden. Schräg liegt die Welt im Blick, Derek Jarman mußte »The Last Of England« erst noch drehen, schräg war die Musik. Regional verschieden krumm, in Berlin anders als im Rheinland, und dort anders als im Ruhrpott, und Der Riss scheint seine Mitglieder von überall dort rekrutiert zu haben.
Lange kann man nicht zuhören, zu schnell fallen die Geschichten von damals ein und verleiten zum Plaudern. Wir werden unseren Enkeln eine Menge zu erzählen haben. Doch HistorikerInnen bewahren Distanz: sie werden den Abend ab 21 Uhr im Osten überstehen ohne melancholische Schübe, obwohl doch damals alles viel besser war als heute. ZeWa
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