: Der Pastor und der Porno-Star
■ „Sex is...“: Schwule reden locker, ehrlich und unverklemmt über Sex
„Ich habe diesen Film nicht gemacht, um Leute zu schocken“, erzählt Marc Huestis. „Er zeigt einfach die Wirklichkeit.“ In Sex is... reden 17 schwule Männer über ihre Sexualität, locker, ehrlich und unverklemmt. Die Mischung der Erzähler, die vom Pfarrer der Homosexuellenkirche MCC über einen Studenten bis hin zum Porno-Star reicht, ergibt ein rundes Porträt schwulen Sexuallebens.
Zwischen die Dokumente sind unterstreichende Sequenzen gesetzt. Der Schwulenhasser Jesse Helms wird eingespielt, alte Streifen über das Leben in San Francisco, und immer wieder gibt es Szenen, in denen nicht über Sex gesprochen, sondern handfest praktiziert wird. So bleibt es nicht bei der erotischen Spannung des Redens über Sex, sondern der Film wird dichter, es knistert erheblich.
Der Zusammenschnitt von Bildern, sich ergänzenden und widersprechenden Auffassungen ergibt ein Mosaik schwulen Lebens in den Vereinigten Staaten. Zugleich hat Huestis die zeitliche Entwicklung sensibel eingefangen. Er blickt zurück auf die wilden 70er und dokumentiert den spürbaren Einschnitt Anfang der 80er Jahre, die Erschütterung schwulen Lebens durch Aids. Aber im Gegensatz zu vielen anderen Filmen bleibt er dort nicht stehen. Sex is... zeigt, wie Sex im Angesicht des Virus wieder möglich wurde, wie Safer Sex für viele selbstverständlich werden konnte.
„Es ist ein Dokumentarfilm. Ich wollte keinen Kunstfilm machen“, sagt Marc Huestis, und hat dabei ein Kunstwerk geschaffen, einen unverklemmten Einblick, der spannend ist, ohne voyeuristisch zu sein. Huestis läßt sich in seinem Film auch selbst zu Wort kommen: „Ich sage nicht mehr, daß ich positiv bin, wenn ich einem Mann begegne.“ Es sei denn, er werde danach gefragt. Aber „wenn ich Sex habe, und das passiert oft, dann nur safe“. Bei den Berliner Filmfestspielen 1993 wurde Sex is... mit dem schwulen Publikuzmspreis Gay Teddy Bear ausgezeichnet. Im Metropolis ist er „Film des Monats“. Werner Hinzpeter
Metropolis, heute 21.15 Uhr in Anwesenheit des Regisseurs; 10., 11.12., 15.,18.-20. und 22.12. jeweils um 21.15 und 23.00 Uhr
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