Der Lobbyist der Woche: Einer für alle
Die Genossenschaft ist Weltkulturerbe! Am Mittwoch nahm die Unesco in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba Idee und Praxis dieser gemeinschaftlichen Organisationsform als ersten deutschen Beitrag in die Liste des immateriellen Kulturerbes auf. „Die Auszeichnung ist absolut verdient, Genossenschaften leisten einen großen Beitrag zur Partizipation und Demokratie“, jubelt Josef Zolk(Foto), Vorstand der Deutschen Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft, am Telefon. Vier Jahre lang hatte er sich für die Aufnahme eingesetzt und reiste jetzt eigens nach Addis Abeba.
5.457 Kilometer und 169 Jahre liegen zwischen der Unesco-Aufnahme in Äthiopien und der Gründung eines Hilfsvereins zur Unterstützung der Landbevölkerung im rheinland-pfälzischen Weyerbusch durch Friedrich Wilhelm Raiffeisen. Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung – das sind die zentralen Prinzipien der Genossenschaft. Was Raiffeisen auf dem Land tat, setzte der Jurist Hermann Schulze-Delitzsch zur gleichen Zeit in der Stadt um. Er gründete 1849 mit der Schuhmacher-Assoziation die erste gewerbliche Genossenschaft der Welt. 57 Handwerker taten sich zusammen, weil jeder Einzelne mit seinem Geschäft nicht überleben konnte.
Heute gibt es in Äthiopien 24 Kollektive, die in genossenschaftlichen Strukturen Kaffee produzieren, berichtet Zolk aus Addis Adeba. „Die Besitzer sind die Menschen, die die Arbeit machen.“ Vor 20 Jahren habe die Genossenschaft noch als veraltet gegolten, heute, nach der Finanzkrise, sei sie ein Zukunftsmodell. 800 Millionen Menschen organisieren sich weltweit in Genossenschaften, allein in Deutschland gibt es 21 Millionen Mitglieder. Sie alle ermöglichen soziale und kulturelle Projekte nach dem Motto von Raiffeisen: Was einer nicht schafft, schaffen viele. Luca Spinelli
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