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Der Künstler Ai Weiwei ist freiEndlich wieder vor die Tür

Ai Weiwei ist nach einem Jahr Hausarrest wieder frei. Seinen Reisepass hat er noch nicht zurück. Stattdessen erheben die chinesischen Behörden neue Vorwürfe gegen ihn.

In der Welt gefeiert – zuhause verfolgt: Ai Weiwei. Bild: dapd

PEKING taz | Ein Jahr hat Ai Weiwei auf diesen Moment gewartet. Am Donnerstagmorgen nun trat er vor die Tür seines Wohnhauses im Pekinger Künstlerviertel Caochangdi. Ohne Genehmigung und völlig legal. Ganz frei ist der Künstlerdissident aber auch weiterhin nicht. Im Gegenteil: Gegen ihn werden neue Vorwürfe erhoben.

Die Pekinger Behörden haben dem 55-jährigen Künstler mitgeteilt, dass die Bewährungsauflagen zwar offiziell ausgelaufen seien. Gegenüber Journalisten sagte Ai jedoch, dass er weiter nicht aus China ausreisen dürfe. „Sie haben mir meinen Pass nicht wiedergegeben“, sagte Ai. Trotz Nachfrage sei ihm auch nicht klar, ob er innerhalb Chinas frei reisen darf. „Wenn sie mich zur Hälfte freilassen, dann kann ich doch davon ausgehen, dass ich ein freier Mensch bin“, sagte Ai. „Tatsächlich beschränken sie meine Reisefreiheit und versuchen, mir neue Straftaten anzuhängen.“

Sicherheitskräfte hatten ihn im April 2011 für 81 Tage an einem unbekannten Ort eingesperrt – wegen angeblicher Steuerhinterziehung. Ai selbst und seine Unterstützer vermuten jedoch, dass die Behörden ihn zum Schweigen bringen wollten. In arabischen Ländern waren kurz zuvor Demokratieproteste ausgebrochen. Die chinesische Regierung befürchtete, ähnliche Proteste könnten auch in China ausbrechen. Ai Weiwei ist in China und international nicht nur als Künstler bekannt, sondern auch als Regimekritiker. Immer wieder hat er die Behörden künstlerisch heftig kritisiert.

Am 22. Juni 2011 kam er unter der Auflage frei, ein Jahr lang Peking gar nicht und sein Anwesen nur mit behördlicher Genehmigung zu verlassen. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua berichtete daraufhin, Ai habe die Steuerhinterziehung einer von ihm gegründeten Firma gestanden. Er selbst bestritt das und hat dies auch immer wieder öffentlich getan. Seit einer Woche ist in deutschen Kinos sein Dokumentarfilm „Never Sorry“ angelaufen. Thema auch darin: sein Einsatz gegen die Behördenwillkür.

Ai zufolge haben ihm die Behörden nun mitgeteilt, dass er wegen des Vorwurfs der Steuerhinterziehung nach Zahlung einer Kaution zwar frei sei. Er müsse aber mit weiteren Verfahren rechnen. Die Beamten werfen ihm unter anderem Bigamie und die Verbreitung von Pornografie vor. Hintergrund ist ein Bild, auf dem er mit vier nackten Frauen zu sehen ist, das er auf mehreren Dateiträgern gespeichert hat.

Auch den Vorwurf der Bigamie weist er von sich. Nach eigener Aussage ist Ai nur mit einer Frau verheiratet. Er habe zwar eine Freundin, mit der er einen dreijährigen Sohn hat. Das sei aber öffentlich bekannt, so Ai. Bigamie ist in China verboten, bezieht sich aber auf den Stand der Ehe, nicht auf außereheliche Verhältnisse.

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