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Der Krieg greift überGewalt im Libanon statt Frieden in Syrien

Eine neue Gruppe hat sich im Internet zu den schweren Änschlagen in Syrien bekannt. Die Gewalt hält an, ein Dorf wurde gestürmt. Wenigstens bekommen die UN-Beobachter gepanzerte Fahrzeuge.

Diese sunnitischen Kämpfer im Libanon kämpfen gegen Anhänger al-Assads in Tripoli. Bild: ap

BEIRUT/BERLIN dapd/afp/taz | Einen Monat ist die vom UN-Sondergesandten Kofi Annan ausgehandelte Waffenruhe alt und hat bislang nichts gebracht. Aktivisten berichteten am Sonntag, dass regimetreue Truppen ein Dorf im Nordwesten des Landes stürmten. Dabei sollen mindestens fünf Menschen umgekommen sein.

Wie das in Großbritannien ansässige Observatorium für Menschenrechte mitteilte, zündeten die Soldaten in dem Dorf al-Tamana, 55 Kilometer nördlich der Stadt Hama, Häuser an. Zuvor hätten Bewohner gegen das Regime von Staatspräsident Baschar Assad protestiert. Einer der Toten sei Rebellenführer gewesen, hieß es.

Unterdessen bekannte sich eine bislang wenig bekannte militante islamistische Gruppe in einem Online-Video zu einem schweren Doppelanschlag mit 55 Toten in der syrischen Hauptstadt Damaskus Ende vergangener Woche. Der Anschlag sei eine Reaktion auf Angriffe des Regimes von Präsident Assad auf Wohngebiete, erklärte die Gruppierung, mit dem Namen al-Nusra-Front („Front zum Sieg der Menschen der Levanthe“).

Der Absender des Bekennervideos ist nicht überprüfbar

Die al-Nusra-Front bekannte sich schon früher im Internet zu Anschlägen in Syrien. Wer hinter der Gruppe steckt, ist nicht bekannt. Die Authentizität des Videos konnte zudem nicht überprüft werden. In dem am Freitagabend ins Netz gestellten Video wird auch auf die unterschiedlichen muslimischen Strömungen in Syrien angespielt.

Die Terroristen fordern einen besseren Schutz für Sunniten und drohen mit Rache gegen die Alawiten. Dabei handelt es sich um eine schiitische Strömung, der auch Assad und viele Mitglieder der Sicherheitskräfte angehören. Die Sunniten werden gleichzeitig aufgefordert, sich von Sicherheitskräften fernzuhalten, was wohl ein Hinweis auf weitere Anschläge ist.

Islamisten verstärken Aktivitäten

Sicher ist, dass islamische Extremisten, einige mit Verbindungen zur al-Qaida, ihre Aktivitäten in Syrien verstärkt haben. Wie viele es sind und wie groß ihr Einfluss ist, bleibt aber unklar. Der Konflikt wird dadurch unübersichtlicher, da sich nicht nur Sicherheitskräfte des Regimes und Opposition gegenüberstehen, die von den UN zu einem Waffenstillstand und politischen Gesprächen gedrängt werden, um die Krise zu beenden.

Die schon im Land stationierten 105 UN-Beobachter und 45 zivilen Mitarbeiter der Vereinten Nationen sollten am Wochenende eine Nachschublieferung erhalten, darunter auch 25 gepanzerte Fahrzeuge. Der Aufstand gegen die Herrschaft von Assad in Syrien begann im März vergangenen Jahres. Bislang kamen bei dem Konflikt nach UN-Schätzungen schon über 9.000 Menschen ums Leben.

Der Bürgerkrieg entfacht alte Fehden

In der nordlibanesischen Stadt Tripoli, einer der ärmsten Städte der Region, sind bei Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern der syrischen Regierung mindestens vier Menschen getötet und zehn weitere verletzt worden. Wie am Sonntag aus Sicherheitskreisen verlautete, bekämpfen sich seit Samstagabend alawitische Anhänger des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und sunnitische Assad-Gegner, die in verschiedenen Vierteln der Hafenstadt leben.

Zu einem Schusswechsel kam es zudem am Rande einer Demonstration von Islamisten in Tripoli. Dabei wurde nach Angaben eines Sicherheitsbeamten ein Soldat getötet. Die jugendlichen Demonstranten hatten sich am Samstag im Süden der Stadt versammelt, um die Freilassung eines 27-Jährigen zu fordern, dem die Behörden Verbindungen zu einer terroristischen Vereinigung vorwerfen. Er ist nach Angaben seiner Unterstützer ein Sympathisant der Protestbewegung in Syrien. JAZ

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4 Kommentare

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  • HS
    Hari Seldon

    @ainti-ipod:

     

    Gerade die Gewalt in Lebanon zeigt, dass hier nicht um Assad geht (nur die Amis und deren Freunde wollen einen bequemeren Vasallen in Syrien installieren): In Lebanon gibt es genauso Gewalt wie in Syrien, und der Präsident in Lebanon ist nicht Assad...

     

    Bitte, ich glaube es nicht, dass die europäische Bevölkerung irgendwelche Verantwortung für die Situation in Lebanon, Syrien, usw. hätten. Verantwortlich sind die unverantwortlichen westlichen und anderen Politiker und Interessengruppen, welche fremde Interessen auf die Bevölkerung in diesen Ländern aufdrücken wollen. Und natürlich sind die Main-Stream-Medien auch Mittäter mit den unzähligen Lügen und Hetzen.

     

    Medienfreiheit ist nicht gleich mit vorsätzlichen Lügen, Manipulationen, Hetzen, usw.

  • TH
    Thomas Hemberger

    Auf BEIDEN Seiten des auf Libanon übergreifenden innersyrischen Konflikts stehen auch Radikalislamisten.

     

    Die vom iranischen Mullahregime und dessen radikalislamistischen Paramilitärs (Pasdaran/Al Quds-Brigaden) unterstützten schiitischen Radikalislamisten von Hisbollah und Mehdi-Armee unterstützen das dynastische Terrorregime des alawitischen Assad-Clans, ebenso wie diverse alawitische und nationalsozialistische Milizen dies tun.

     

    Auf Seiten der breiten und daher uneinigen syrischen Oppositionskräfte positionieren sich immer stärker diverse sunnitisch-radikalislamistische Gruppierungen und Terrororganisationen, von denen einige (wie z.B. die Al Qaida nahestehende palästinensische Gruppierung Fatah al-Islam) noch bis vor Kurzem von jenen Regimes in Teheran und Damaskus intensiv gefördert, bewaffnet und unterstützt wurden, gegen welche sie sich nun wenden.

     

    Es kann folglich keine Rede davon sein, dass radikalislamistisch-dschihadistische Elemente allein auf Seiten der syrischen Opposition vertreten sind.

    Es gibt sie ebenso auf Seiten des Assad-Mordregimes.

     

    Denn es ist nunmal derzeit so, dass die bisherigen langjährigen antiwestlich-antiisraelischen Bündnisstrukturen im Nahen Osten mit der Verschärfung der innersyrischen Krise auseinander brechen und kollabieren, und sich derzeit neue (und vermutlich eher kurzlebige) lockere Kampfbündnisse herausbilden, in denen sich die dschihadistischen Freunde und Verbündeten von Gestern nun in und um Syrien herum als kompromisslos friedensfeindliche und erbitterte Todfeinde gegenüberstehen.

  • A
    Ant-iPod

    Ich frage mich, wie lange diese Farce mit den VN-Beobachtern eigentlich noch stattfinden soll und wozu dies gut dies?

     

    Offenbar kümmert es niemanden, ob diese Leute nun in Syrien weilen, oder nicht - was also bringt das, außer dass es Geld kostet.

     

    Und wer soll diese "neue Gruppe" sein - bzw. wer garantiert, dass dies kein Fake des Regimes ist?

     

    Wir wissen alle, was für ein Regime in Syrien herrscht - und es herrscht nicht zum Wohle des Landes und dessen Bevölkerung, so viel ist offensichtlich!

    Seit über einem Jahr gibt es keine politische Initiative, um die Gesellschaft wieder zu versöhnen und zu befrieden, sondern lediglich immer weiter eskalierende Gewalt.

    Diejenigen, die dies der Opposition in die Schuhe schieben, müssen sich die Frage gefallen lassen, warum die politisch verantwortlichen faktisch untätig bleiben und sich stattdessen auf Scheinreformen wie die undemokratische Verfassung und die fadenscheinigen Wahlen konzentrieren - Maßnamen die bei kurzer Prüfung zeigen, dass sie in keiner Weise geeignet sind, die politische Situation zu lösen.

     

    Stattdessen eskaliert der Konflikt - da diejenigen die handeln könnten, darauf verzichten. Damit machen sie sich mitschuldig am Zerreissungsprozess eines Landes, dessen Bürger - egal ob Alawit, Sunnit, Druse, Kurde, Christ, Aramäer, Assyrer, Tscherkesse, oder sonstiger Abstammung - etwas Besseres verdient haben.

    Etwas Besseres, dass die derzeit Herrschenden offensichtlich nicht bereit sind anzustreben.

     

    Wenn wir den Syrern diese Chance nicht geben wollen, dann können wir im Prinzip auch gleich Assad helfen, alle Opposition auszurotten.

    Es möge sich keiner einbilden, an seinen Händen klebte weniger Blut, nur weil Assad am Abzug sitzt und die Russen nachladen.

    Wir könnten aber wenigstens den Anstand haben und dies auch offen sagen.

  • D
    Dirk

    Na huuuch, Radikalislamisten in Syrien. Wer hätte das gedacht? Müssen die journalistischen Vollpfosten (da meine ich eher nicht die taz, sondern z.B. den Spiegel) evtl. doch umdenken? Übrigens sind manche Journalisten auch zu strunzdoof, um zu wissen, dass Tripoli im Libanon statt in Libyen gemein ist. Sorry, muste mal sein.