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Der Krieg geht weiter

■ Betr.: "USA: Anklage gegen Deserteure erhoben", taz vom 12.6.91

betr.: „USA: Anklage gegen Deserteure erhoben“,

taz vom 12.6.91

Nach offiziellen Verlautbarungen ist der Krieg am Golf bereits vor mehreren Monaten beendet worden.

Tatsächlich aber geht der Krieg weiter. Er geht weiter gegen die Menschen, die im Irak leben und der anhaltenden UN-Sanktionspolitik zum Opfer fallen, und er geht weiter gegen die Soldaten, die während der heißen Phase des Krieges desertierten beziehungsweise sich von ihrer Truppe entfernten und nun vor Militärgerichte gestellt werden — in den USA und in der Bundesrepublik.

Während also einerseits Soldaten, die sich am staatlich legitimierten Massenmord beteiligten, mit Konfettiparaden gefeiert werden, werden andererseits Soldaten angeklagt, weil sie Nein zu diesem Krieg sagten und darum als Konsequenz desertierten beziehungsweise sich von der Truppe entfernten. Bereits vor Beginn des Krieges gab es eine Vielzahl von Aufrufen von verschiedenen Menschenrechtsgruppen, Friedensinitiativen, Parteien und Einzelpersonen, die Soldaten zur Desertion und Kriegsdienstverweigerung aufriefen beziehungsweise dazu ermutigten.

Schon damals war ein häufig genannter Kritikpunkt an diesen Aufrufen, daß es nicht ausreicht, Menschen zur Desertion und KDV aufzurufen und zu ermutigen, ohne sie dann, wenn es zu Anklagen deswegen kommt, entsprechend unterstützen zu können.

Leider scheint sich dieser Kritikpunkt zu bewahrheiten. Bereits mehrfach wurden Soldaten vor verschiedenen Militärgerichten in den USA und der Bundesrepublik angeklagt, ja sogar mit der Todesstrafe bedroht, ohne daß dies zu einem Aufschrei der Empörung führte. [...] Wenn ich an die vielen verschiedenen Aufrufe und Appelle denke und weiß, daß viele Tausend Menschen sie unterzeichneten, und wenn ich weiß, daß noch weitaus mehr Menschen auf den verschiedenen Demonstrationen zur Desertion und KDV ermutigten, so denke ich, daß wir alle den von Strafverfolgung bedrohten Soldaten unsere Unterstützung schuldig sind.

[...] Hermann Theisen, Bad Münster am Steinberg-Ebernburg

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