Der Kosovo-Krieg: Chronologie der Eskalation

■ Die Nato-Luftangriffe gegen Jugoslawien begannen am 24. März. Seitdem wurden die Kampfeinsätze mit jedem Tag heftiger und der Flüchtlingsstrom aus dem Kosovo größer

Mittwoch, 24. März: Knapp 24 Stunden nach dem Einsatzbefehl starten am Abend in Norditalien die ersten Kampfflugzeuge, darunter vier Tornados der Bundeswehr, zu Luftangriffen auf Jugoslawien. Ziel dieser ersten Angriffsphase ist die Bekämpfung jugoslawischer Luftabwehr, Flughäfen, Radaranlagen, Befehlszentren, Fernmeldeeinrichtungen, Kasernen sowie Waffen- und Munitionslager.

Donnerstag, 25. März: Bei der zweiten Angriffswelle werden mehr als ein Dutzend vorwiegend militärische Ziele angegriffen, darunter der Belgrader Militärflughafen. Nach zwei Nächten und Tagen wurden bei 400 Einsätzen 50 Militärziele getroffen.

Freitag, 26. März: Nach Berichten ohne unabhängige Bestätigung werden im Süden des Kosovo Dörfer vernichtet, ihre Einwohner vertrieben und männliche Bewohner getötet. Die Nato-Aktion wird von „Determined Force“ („Entschlossene Kraft“) in „Allied Force“ („Alliierte Kraft“) umbenannt. Kampfjets fliegen erstmals bei Tageslicht. Am Nachmittag werden zwei in den bosnischen Luftraum eingedrungene MiG-29-Kampfflugzeuge der Jugoslawen abgeschossen.

Samstag, 27. März: Die Nato beschließt den Beginn der zweiten Phase des Angriffsplans. Sie schließt Bombardements auf serbische Bodentruppen, Panzer und Artillerie ein. Belgrad und die Kosovo-Hauptstadt Priština werden beschossen. Erstmals geht eine Nato-Maschine verloren: Der Pilot der abgestürzten US-Maschine vom Typ F-117 wird von einem Spezialteam gerettet.

Sonntag, 28. März: Mit heftigen Luftangriffen wird die Phase zwei des Nato-Plans fortgesetzt. In der Nacht beschießen Kampfflugzeuge serbische Sonderpolizei im Kosovo. Bundesverteidigungsminister Scharping spricht vom „Beginn eines Völkermordes“ im Kosovo.

Montag, 29. März: Bei mehrstündigen Luftangriffen werden Militärkomplexe rund um Belgrad getroffen, darunter eine Flugzeugfabrik. Mit dem Flüchtlingsstrom in Makedonien eintreffende Albaner berichten von zunehmenden serbischen Greueltaten.

Dienstag, 30. März: Die Nato intensiviert ihre Angriffe und kündigt an, „rund um die Uhr“ Einsätze zu fliegen. Der russische Ministerpräsident Jewgeni Primakow reist zu einem Vermittlungsversuch nach Belgrad. Ohne Erfolg. Mittlerweile hat nach UNHCR- Angaben ein Viertel der Kosovo- Bewohner ihre Häuser verlassen.

Mittwoch, 31. März: Im Grenzgebiet zwischen dem Kosovo und Makedonien geraten drei amerikanische Soldaten in die Gewalt der Serben. Beobachter berichten von brutalen Morden der Serben an Albanern im Kosovo und schwerem Artilleriefeuer auf deren Dörfer. Die Partisanenarmee UÇK verkündet eine Generalmobilmachung. Moskau kündigt die Entsendung von Kriegschiffen in die Region an.

Donnerstag, 1. April: Im jugoslawischen Fernsehen ist eine zerstörte Donaubrücke in Novi Sad zu sehen – das erste größere bei den Luftattacken getroffene zivile Ziel. Ebenfalls gezeigt werden die drei gefangenen Soldaten. Ihre Gesichter weisen deutliche Spuren von Mißhandlungen auf. Die angebliche Forderung von AlbanerFührer Ibrahim Rugova nach einem Ende der Luftangriffe im serbischen Fernsehen irritiert die Nato.

Karfreitag, 2. April: Die Nato nimmt erstmals die Innenstadt von Belgrad ins Visier: Marschflugkörper zerstören das Gebäude des serbischen und jugoslawischen Innenministeriums – nach Ansicht der Allianz das Organisationszentrum für die ethnische Vertreibung der Kosovo-Albaner. Jugoslawien bittet Rußland und Weißrußland um Militärhilfe. Nach Schätzung der Alliierten sind inzwischen 765.000 Kosovo-Albaner auf der Flucht.

Samstag, 3. April: Die Luftschläge richten sich hauptsächlich gegen militärische Kommandozentren, Treibstofflager und Einrichtungen um Belgrad. Südlich der Hauptstadt wird ein Heizkraftwerk getroffen; zwei Personen sollen dabei getötet worden sein. Auch eine Ölraffinerie im zentraljugoslawischen Kraljevo und eine Polizeiakademie werden bombardiert. Die einzige Eisenbahnverbindung zwischen den jugoslawischen Teilrepubliken Serbien und Montenegro wird auf bosnischem Gebiet von der SFOR-Friedenstruppe gesprengt, um jugoslawische Truppenverlegungen zu verhindern.

Ostersonntag, 4. April: Belgrad wird die dritte Nacht in Folge von Marschflugkörpern angegriffen. Dabei wird auch das Hauptquartier der jugoslawischen Luftwaffe getroffen. Auch in Novi Sad und Nis südöstlich von Belgrad brennen Gebäude. Das US-Verteidigungsministerium kündigt die Entsendung von 24 „Apache“-Hubschraubern nach Albanien an, um im Kosovo Bodentruppen und Panzer wirksamer zu bekämpfen. Transportmaschinen der Bundeswehr beginnen mit einer Hilfsaktion für die Flüchtlinge. Jugoslawien beantragt eine Sitzung des Weltsicherheitsrates.

Ostermontag, 5. April: Zum ersten Mal starten Nato-Flugzeuge von deutschem Boden aus. Die bisher heftigsten Angriffe richten sich gegen Ziele in ganz Serbien. US-Außenministerin Albright hält den Einsatz von Bodentruppen jetzt auch ohne Friedensabkommen für möglich.