Das Portrait: Der Konstanzer
■ Horst Frank
Vielleicht sagt das ja schon alles über den neuen Oberbürgermeister von Konstanz: Als Horst Frank am Sonntag abend erfuhr, daß er als erster grüner Kandidat in einer großen deutschen Stadt die Wahl zum Oberbürgermeister gewonnen hatte, freute er sich, grüßte seine Freunde und verreiste. Die Pflicht rief ihn nach Erfurt: Dort betreibt der 47jährige Rechtsanwalt ein Büro und hatte dringende Gerichtstermine.
Gegenüber dieser Disziplin wirkten die Horrorszenarien um so lächerlicher, die die konservativen Gegenkandidaten im Wahlkampf ausgemalt hatten: Sollte ein Grüner gewählt werden, würden Krokodile im Bodensee ausgesetzt und auf der Inselbrücke Radieschen gepflanzt, höhnten die Konkurrenten. Gelacht hat am Sonntag abend in der CDU aber keiner mehr. Peinliche 19 Prozent hatte ihr Kandidat verbucht – der grüne Horst Frank fast doppelt soviel.
Frank hat mit seinem Wahlsieg nicht nur eine grüne Premiere gefeiert, er hat auch die bisher gültige Regel außer Kraft gesetzt, wonach auswärtige Kandidaten bei Bürgermeisterwahlen immer bessere Chancen als Einheimische haben. Frank war unter den ernstzunehmenden Bewerbern der einzige Lokalmatador – und das hat ihm nicht geschadet.
Weil so natürlich alle wissen, daß Frank im Jahre 1968, wie es sich gehörte, Revoluzzermützen trug und anschließend als Weltreisender drei Jahre lang der Karriere als Jurist entsagte. Daß man so einen wählt, ist ziemlich neu in Süddeutschland. Aber zum Glück ist er wenigstens verheiratet und hat ein Kind.
Frank muß nun im Stadtparlament mit einer konservativ-bürgerlichen Mehrheit leben. Daß ihm das zwar nicht gefällt, ihn aber auch nicht lähmen wird, hat er schon im Wahlkampf immer wieder betont. „Ich bin kein Parteiknecht der Grünen“, sagte er, aber teilt in fast allen Punkten deren Position. Großprojekte wie der Ausbau der Bundesstraße, neue Parkhäuser in der Innenstadt und ein Kaufhaus direkt am See sind längst beschlossen, und auch er kann sie nicht mehr verhindern.
Auch im idyllischen Konstanz gibt es zur Zeit nicht mehr viel zu verteilen. Darum hat Frank nur eines versprochen: Gekürzt wird, wenn es nach ihm gehe, erst ganz zum Schluß am Sozialetat. Wähler und Wählerin haben das verstanden. Philipp Maußhardt
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen