Der Kabarettist Georg Kreisler ist tot: Wiener Schmäh mit scharfer Zunge
Der scharfzüngige Chansonnier und Kabarettist Georg Kreisler wurde mit dem Lied "Tauben vergiften den Park" berühmt. Jetzt ist der Österreicher mit 89 Jahren gestorben.
SALZBUG/HAMBURG dapd | Medienberichten zufolge ist der Chansonnier und Kabarettist Georg Kreisler tot. Er starb am Dienstag nach einer schweren Infektion im Alter von 89 Jahren in Salzburg, wie das Hamburger Abendblatt unter Berufung auf seine Frau Barbara berichtete. Der Künstlers erlangte vor allem in den 1970er Jahren hohe Popularität als Sänger und wurde mit dem Lied "Tauben vergiften im Park" berühmt.
Kreisler kam 1922 in Wien als Sohn eines jüdischen Rechtsanwalts zur Welt. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten emigrierte er 1938 mit seinen Eltern in die Vereinigten Staaten und erhielt fünf Jahre später die amerikanische Staatsbürgerschaft.
Neben seiner späteren Karriere als Kabarettist und Chansonnier wies Kreisler auch als Autor und gelegentlich als Dirigent seine Vielseitigkeit nach. Für das Musiktheater schrieb er eigene dramatische Texte und stand bei verschiedenen Festspielen am Pult.
Zynisch-provokanter Humor
Mit seinem zynisch-provokanten Humor Wiener Prägung begeisterte Kreisler die Kritiker, wurde aber auch oft boykottiert und zensiert. Als seine Texte Ende der 1960er Jahre zunehmend politisch wurden, verlor er den festen Sendeplatz im Fernsehen mit seiner Kabarett-Serie "Die heiße Viertelstunde" und wurde im Radio nur noch selten zu Gehör gebracht.
1975 zog Kreisler nach Berlin, wo er mit seiner neuen Lebenspartnerin Barbara Peters bis 1991 im Theater "Die Wühlmäuse" auftrat. Seit den 1980er Jahren verlegte er sein künstlerisches Wirken auf das Schreiben und veröffentlichte mehrere Romane.
Mit Peters, die seine vierte Frau wurde, zog der selbst ernannte "Heimatlose" 1992 nach Basel um, wo er sich unter anderem für eine eigenständige Schweiz und gegen deren EU-Beitritt engagierte.
Seinen ab 1998 mehrfach angekündigten Abschied von der Bühne nahm Kreisler immer wieder zurück und ging stattdessen doch noch einmal mit seinen "alten bösen Liedern" auf Tournee. Als er im März 2010 mit dem Friedrich-Hölderlin-Preis für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde, lobte die Jury, Kreislers "wissender Spott, sein scharfer Blick auf die Zeit, sein satirisches Vermögen" seien bemerkenswert.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Neuwahlen
Beunruhigende Aussichten
Vermeintliches Pogrom nach Fußballspiel
Mediale Zerrbilder in Amsterdam
Berichte über vorbereitetes Ampel-Aus
SPD wirft FDP „politischen Betrug“ vor
Altersgrenze für Führerschein
Testosteron und PS
Scholz telefoniert mit Putin
Scholz gibt den „Friedenskanzler“
Grünen-Parteitag in Wiesbaden
Grüne wählen neue Arbeiterführer