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daumenkinoDer Junggeselle

Mitsamt der Cocktailparty und den Strumpfbändern ist das klassische Junggesellentum in unseren Breitengraden ja fast ausgestorben. Nur wo Familiengründung unvermeidlich scheint, kann der Junggeselle schließlich seine behelfsmäßige Existenz kultivieren, im Gegensatz zum zeitgenössischen Single, dem schon die Angst vor der eigenen Beziehungsunfähigkeit im Nacken sitzt. Immerhin hat sich der Ehezwang aber in einigen Landstrichen Nordamerikas gehalten, dort werden Männer auch noch nervös, wenn sie mit ihrer Freundin bei einem Yes-Torty den dritten Jahrestag feiern. Wie alle Anachronismen wirkt dabei die Angst des männlichen Helden vor dem F-Wort (Future) schon wieder sympathisch, selbst wenn es in Gary Sinyors Film nur das Milchgesicht Chris O’Donnell ist, das sich auf die Entbehrungen der Ehe gefasst macht.

Im Gegensatz zu Über-Junggesellen wie Dean Martin oder Frank Sinatra besitzt O’Donnell zwar nicht das Charisma eines Mannes, der seine Socken selbst stopft. Aber wenn er über das Leben als wilder Mustang in den Weiten der Prärie schwadroniert, weiß man, was gemeint ist.

Die Mustang-Metapher sorgt denn auch für das bisschen Absurdität, ohne die „Der Junggeselle“ ganz zu einer lauen Beziehungskomödie verkommen wäre: Immer mal wieder wiehert es aus dem Wandschrank, wo der Held die Fotos seiner Verflossenen aufbewahrt. Ansonsten geht das Temperament mit dem Film nur noch im Finale durch, wenn circa tausend Bräute den Heiratsmuffel durch die Straßen von San Francisco verfolgen. Eine Szene, die der Regisseur gerne mit dem Schlachtgetümmel in „Braveheart“ vergleicht, die aber natürlich dem Original von 1925, Buster Keatons „Sieben Chancen“ entstammt. Das Remake wurde nun psychologisch aufgemotzt und ist entsprechend romantischer. Während Keatons Eheschließung an zeitlichen Unstimmigkeiten zu scheitern droht, ergeben sich die Komplikationen heutzutage daraus, dass der Mann zwar einen Heiratsantrag wagt, die Freundin aber begreift, dass er noch nicht so weit ist. Jimmy muss dann binnen kurzer Zeit innerlich reifen, weil er das Vermögen seines Großvaters nur erbt, wenn er mit dreißig verheiratet ist. Selbst die Exfreundinnen lassen sich nicht bloß pro forma trauen.

Unterm Strich heißt das: Mit wahrer Liebe lässt sich immer noch am meisten Geld machen. Nur Brooke Shields hat das alles längst hinter sich und startet ein viel versprechendes Comeback als skrupellose Kettenraucherin.

KERSTIN STOLT

„Der Junggeselle“. Regie: GarySinyor. Mit Chris O’Donnell, RenéeZellweger u. a., USA 1999, 101 Min.

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