piwik no script img

Der Jemen als Reiseland

■ In dem weitgehend unerschlossenen Land findet man antike Hochhäuser und archäologische Kostbarkeiten

Nord- und Südjemen zusammen sind ein flächenmäßig großes Land. Italien und die Bundesrepublik haben zusammen die vergleichbare Fläche. Der entscheidende Unterschied liegt in der Bevölkerungszahl. In den beiden Ländern an der Spitze der arabischen Halbinsel verlieren sich rund 12 Millionen Menschen, verteilt mit neun Millionen auf den Nord- und nur drei Millionen im flächenmäßig größeren Südjemen.

Geopolitisch spielen beide Länder keine Rolle, selbst der Nahost-Konflikt ist im Jemen von geringem Interesse. Bekannt ist hierzulande vor allem, daß der Südjemen, die Demokratische Volksrepublik, sich einmal als Rückzugsmöglichkeit für RAF-Leute zur Verfügung stellte und der Nordjemen, vor allem die Hauptstadt Sana, eine einzigartige architektonische Sehenswürdigkeit darstellt.

Für Touristen bedeutet Jemen Nordjemen, denn eine Reise in die Volksrepublik ist ohne staatliche Einladung praktisch unmöglich. Es gibt zwar auch für Ausländer eine Möglichkeit, vom Nord- in den Südjemen zu reisen, doch sind zuvor etliche bürokratische Hürden aufgebaut, die nur mit viel Zeit und Geld überwunden werden können.

Doch auch der Nordjemen ist kein Land für den Massentourismus. Es gibt keine touristische Infrastruktur und Rundreisen müssen vom Tourismusministerium genehmigt werden. Wer jedoch bereit ist, Strapazen auf sich zu nehmen, findet ein faszinierendes Land vor. Bis Ende der 60er Jahre war der Jemen von der Außenwelt fast vollständig abgeschottet. Die Imame duldeten keinerlei Einflüsse von außen. Es gab keinen Strom, keine Autos oder sonstige „Segnungen der westlichen Zivilisation“. Obwohl sich dies nach Etablierung der Republik rapide geändert hat, wirkt der Jemen auf westliche BesucherInnen immer noch wie ein arabisches Freilichtmuseum. Obwohl die Altstadt von Sana mit ihren Lehmhochhäusern und Alabasterfenstern am bekanntesten ist, sind auch die meisten anderen Städte noch architektonische Perlen. Zur Zeit versucht die Unesco mit einem Restaurierungsprogramm, die Altstadt von Sana vor dem drohenden Verfall zu retten, doch die Erfolgsaussichten werden nicht als besonders hoch eingeschätzt.

Fast völlig vom Wüstensand begraben sind dagegen die archäologischen Schätze des Landes. Der Jemen zählt zu den ältesten Kulturländern der Welt, doch die jemenitische Regierung hat bislang fast allen ausländischen Forscherteams die Erlaubnis für Ausgrabungen verweigert. Selbst der antike Staudamm in der Nähe der Wüstenstadt Marib, mit dem Menschen vor 3.000 Jahren erstmals die Wüste fruchtbar machten, ist archäologisch völlig unerschlossen und dem langsamen Verfall preisgegeben.

JG

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen