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Archiv-Artikel

Der Herzschlag von New York

DFA RECORDS Mensch im Maschinensound: Der Schlagzeuger Jerry Fuchs ist 34-jährig gestorben

„Jerry Fuchs war ein begnadeter Musiker, der großzügig mit seinen Talenten umging“

James Murphy

Mit dem Siegeszug der elektronischen Tanzmusik sind Computerbeats zum zentralen Element von Clubtracks geworden. In dieser Geschichte gebührt der Rhythmusmaschine Roland 909 mehr Raum als den Produzenten, die sie programmieren. Ihre Präsenz im Klangdesign entscheidet über Hit oder Niete.

Umso erstaunlicher mutet es an, wie der New Yorker Musiker Jerry Fuchs ebenjene programmierte Wucht wieder rücküberführt hat in sein Schlagzeugspiel. Der aus Georgia stammende Fuchs ahmte maschinelle Präzision nicht nach, er stieg auf den im Dancefloor üblichen 4/4-Signaturbeat ein, um seinen Puls zu variieren und einen eigenen Stil zu begründen. Jerry Fuchs wurde so zur prägenden Figur der New Yorker Clubmusik der Nullerjahre.

In der Nacht zum Sonntag ist er beim Sturz in einen Aufzugschacht in Brooklyn ums Leben gekommen. Freunde und Fans reagierten über seinen Tod bestürzt. Bekannt wurde Jerry Fuchs im Umfeld des New Yorker Labels DFA Records. „Dancepunk“ taufte man ihre im Zusammenspiel von Menschen und Maschinen entstandenen Sound. Gemeinsam mit DFA-Begründer James Murphy war Fuchs auch auf dem Debütalbum von dessen Projekt LCD Soundsystem zu hören. „Jerry war ein begnadeter Musiker, der großzügig mit seinen Talenten umging“, sagt James Murphy. DFA Records funktioniert nach dem Prinzip alter Soullabels. Ein Pool von Leuten arbeitet in wechselnden Besetzungen an der Musik. Ideal für Fuchs, der für seinen Lebensunterhalt zunächst an der Wallstreet jobben musste, bevor er ab 2002 konstant im Aufnahmestudio spielte oder mit Bands wie !!! auf Konzertreise ging. Maßgeblich beteiligt war Fuchs auch an der Musik des DFA-Quartetts The Juan MacLean. „Er ist zweifellos der beste Schlagzeuger, mit dem ich je zusammengespielt habe“, sagt John MacLean.

Im Mai trat Jerry Fuchs mit The Juan MacLean zuletzt in Berlin im Berghain auf. Wer ihn dabei gesehen hat, wie er die Kraftanstrengung am Schlagzeug fast körperlos bewältigte und mit der elegant und gleichzeitig reduziert durchgetretenen Bassdrum zu den Maschinen im Discogroove jammte, konnte sich glücklich schätzen. Jerry Fuchs wurde 34 Jahre alt. „New York will never sound the same“, hat ein trauernder Fan im Netz geschrieben.

JULIAN WEBER