■ Das Portrait
: Der Gescheiterte

Der Ärger schwelte seit dem Metall-Tarifabschluß im Frühjahr dieses Jahres. Nun hat der Ärger Konsequenzen: Dieter Kirchner, seit 27 Jahren Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall, wird Mitte nächsten Jahres seinen Stuhl räumen müssen. Über die Gründe läßt der Arbeitgeberverband offiziell nichts verlauten. In Unternehmerkreisen aber heißt es, der 61jährige Kirchner sei aufgrund des Drucks der bayrischen Arbeitgeber zum Ausscheiden „in beiderseitigem Einvernehmen“ bewegt worden.

Die Unternehmer mußten in der diesjährigen Tarifrunde einen mehrtägigen Streik in Bayern hinnehmen, der schließlich in einen vierprozentigen Lohnabschluß für die westdeutsche Metallindustrie mündete. Die fehlgeschlagene Arbeitgeber- Taktik in der Tarifrunde wurde dabei besonders Kirchner zur Last gelegt. Gesamtmetall hatte darauf bestanden, den Gewerkschaften ohne anderweitige „Kostenentlastungen“ kein prozentuales Lohnangebot zu machen. Der Streik zwang aber dann zu einem Abschluß, der von vielen mittelständischen Unternehmern als zu hoch angesehen wird.

Daß Kirchners Abtritt erst jetzt beschlossen wurde, dürfte Ausdruck der Krise im wichtigsten deutschen Arbeitgeberverband sein. Auch noch ein halbes Jahr nach dem Tarifabschluß hadern die Unternehmer mit dem Ergebnis. Einige Dutzend Firmen verließen den Kölner Dachverband, der 15 regionale Mitgliedsverbände mit rund 8.400 Betrieben vertritt.

Tritt zurück: Dieter Kirchner, Hauptgeschäftsführer von Gesamtmetall Foto: J.H. Darchinger

Kirchner galt im Gewerkschaftslager als „Scharfmacher“, war aber deshalb auch berechenbar für die IG Metall. Der promovierte Jurist trat 1963 in die Gesamtmetall-Geschäftsführung ein, er hat selbst keine Erfahrung als Unternehmer. Unter der Regie des ranghöchsten hauptamtlichen Arbeitgeber- Funktionärs entwickelte sich Gesamtmetall zum medienfähigen Gegengewicht zur IG Metall.

Dabei saß Kirchner in den Tarifverhandlungen in der Regel nicht mit am Verhandlungstisch, sondern koordinierte die Strategien der regionalen Arbeitgeberverbände. In der Tarifrunde 1984 hatte Kirchner die 35-Stunden-Woche als „Weg in den Abgrund“ bezeichnet. Die Gewerkschaften verlieren mit ihm aber auch einen vehementen Verfechter des Flächentarifvertrages. Barbara Dribbusch