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■ Der Fall HeckelmannAbtritt überfällig

Man stelle sich vor, der Pressesprecher eines Innensenators verkehrte regelmäßig in autonomen Kreisen und nähme von denen auch noch Aufträge entgegen. Der Mann wäre nach Bekanntwerden dieses Faktes keine Stunde länger im Amt. Beispiele dafür gibt es durchaus: Als 1981 der leitende Polizeibeamte Winfried Bruder auf einer Hausbesetzerdemonstration gesichtet wurde, war er sofort seinen Job los. Dies geschah, obwohl niemand den Vorwurf erhob, Bruder habe als Maulwurf für die Hausbesetzer gearbeitet und Informationen weitergereicht. Sein Rauswurf war deshalb ein Skandal. Die Kontakte des Heckelmann-Sprechers sind da von anderer Natur, und auch der Skandal ist ein ganz anderer: der Innensenator selber. Heckelmann war seit März über die Abwege seines Sprechers informiert und hat nichts unternommen. Nach seinem Verhalten im Fall Mykonos, als er trotz Drängens des Verfassungsschutzes eine Überwachung des späteren Attentäters nicht ermöglichte, belegt der Fall Bonfert erneut, daß der Innensenator mit der Führung seiner Behörde offensichtlich überfordert ist. Wer angesichts einer Welle rechtsextremer Gewalttaten nicht auf die brisanten Kontakte seines Sprechers reagiert, offenbart nachdrücklich, daß er über keinerlei politisches Gespür verfügt. (Mal abgesehen davon, daß man überdies fragen muß, mit welchem Führungspersonal sich Heckelmann umgibt, wenn er seinen Staatssekretär sagen läßt, Bonfert sei „etwas naiv“.) Die fast vierhunderttausend Berliner mit ausländischem Paß werden diesen Skandal aufmerksam registrieren und sich ihren Teil denken. Heckelmann hat offensichtlich auch nicht begriffen, daß der Schaden dieser Affäre weit über die Berliner Grenzen hinausreichen wird. Um einen Mißtrauensantrag wird die SPD nicht herumkommen – es sei denn, der Regierende Bürgermeister erspart seinem Innensenator schnell genug die weitere Amtsführung. Gerd Nowakowski

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