■ Der Euro fällt im Verhältnis zum US-Dollar immer tiefer: Strukturwandel jetzt!
Junge Pflanzen sind anfällig. Sie bedürfen der Pflege, brauchen genügend Nahrung und Zuwendung. Mit dem Euro ist es nicht anders. Überdüngt begann er im Januar als überraschend starke Währung im Verhältnis zum Dollar.
Es dauerte nur wenige Wochen, bis der Euro erschlaffte und gegenüber dem Dollar beständig an Wert verlor, denn ihm fehlte die Nahrung in Form einer konjunkturellen Besserung in Europa. Gute Worte verspürte der Euro, als der keynesianische Finanzminister Oskar Lafontaine zurücktrat. Die Devisenhändler dankten es und schichteten ihre Währungen um – der Euro stieg.
Das haben sie in dieser Woche wieder getan. Allerdings in anderer Richtung, denn die italienische Aufweichung des Stabilitätspaktes verhieß ihnen nichts Gutes. So fiel der Euro auf den tiefsten Stand seines fünfmonatigen Lebens. Aber auch diese Krise wird er überstehen. Er hat schließlich auch den Beginn des Bombenhagels auf Jugoslawien gut überlebt. Die europäische Währung fiel bei den ersten Bomben, erholte sich aber bereits bis Anfang Mai wieder von dem Schock. Denn für die Devisenhändler letztlich interessant sind wirtschaftliche Daten.
Und die sind eben für die EU-Staaten im Vergleich zu den USA nicht besonders gut. Dort brummt die Konjunktur, und die Auftragsbücher der US-Unternehmen sind so prall gefüllt, daß diese schon gar nicht mehr wissen, mit welchen Arbeitskräften sie die Aufträge erfüllen können.
Das liegt nicht – auch wenn manche Verschwörungstheoretiker es gern so hätten – an einer mutmaßlich durch den Krieg angekurbelten Produktion. Nein, die USA machen den Europäern seit Jahren vor, wie eine Wirtschaft zum Laufen gebracht wird. Doch die EU-Regierungen traut sich nicht an Reformen. Die Umstrukturierung der US-Unternehmen zu einer leistungsfähigen postindustriellen Gesellschaft war schmerzhaft.
Doch da die Erfahrung lehrt, daß erfolgreiche Wirtschaftskonzepte aus den USA immer auch ihren Weg nach Europa finden, ist den Europäern nicht damit gedient, die Umsetzung dieser Ideen zu verschleppen. Unternehmenslenker zeigen den Regierenden ja nun auch schon seit Jahren, wie ein erfolgreicher US-Kapitalismus umgesetzt wird. Das mag einigen Europäern nicht passen, aber der Erfolg zeigt: Je schneller, desto besser. Dann wird der Euro seiner Rolle als zweite Weltleitwährung gerecht. Ulrike Fokken
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