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Der Embryo und sein „fötales Umfeld“

■ Grüne und Feministinnen lehnen das Gesetz ab: Es unterstellt die weibliche Reproduktionsfähigkeit immer mehr der Kontrolle von Staat und Humangenetikern

Embryonenschutzgesetz — der Name ist Programm. Der Embryo, der zumindest bisher nur in Einheit mit der Frau lebensfähig ist, wird zum „eigenständigen“ Rechtssubjekt erklärt, die Schwangere zum „fötalen Umfeld“ degradiert. Das neue Gesetz knüpft damit auch an das Urteil des Verfassungsgerichts (1975) zum Paragraphen 218 an, das den Embryo ab Einnistung unter staatlichen Schutz stellte. Der Schutzbereich wurde noch weiter ausgedehnt. Jetzt gilt schon die befruchtete Eizelle vom Zeitpunkt der Kernverschmelzung an als Embryo.

Der Entwurf setzt sich mit keiner Zeile kritisch mit den neuen Fortpflanzungstechniken auseinander, deren negative gesellschaftliche Folgen — die Enteignung der Frau von ihrer Leibesfrucht, die zunehmende (Qualitäts-)Kontrolle der Reproduktion durch Staat und „Technodocs“ — vor allem grüne und feministische GegnerInnen von Gen- und Reproduktionstechniken seit Jahren beschwören. Im Gegenteil: Die künstliche Befruchtung (In-Vitro-Fertilisation, IVF) gilt inzwischen als die Methode, Millionen von unglücklichen unfruchtbaren Frauen und Paaren ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Dabei wird in der Öffentlichkeit meist verschwiegen, daß diese Technik bis heute aus dem Experimentierstadium noch nicht herausgekommen ist und die Erfolgszahlen weltweit sehr gering sind. Verschwiegen wird auch, welch großem gesundheitlichen Risiko sich Frauen aussetzen, die sich solchen IVF-Programmen (schwere Hormonbehandlungen und operative Eingriffe) unterziehen.

Die ReproduktionsmedizinerInnen und GenklempnerInnen sagen auch nur unter sich, daß diese Techniken lediglich am Rande für die Eindämmung der Unfruchtbarkeit da sind, daß sie vor allem an der Gewinnung von menschlichem Erbmaterial für Forschung und Manipulation interessiert sind.

Fetozid nicht ausgeschlossen

Dem nun wollen die GesetzgeberInnen einen Riegel vorschieben — einen sehr schwachen: Um den Fetozid, die gezielte Tötung von „überzähligen“ Embryonen bei Mehrfachschwangerschaften, zu verhindern, legt der Entwurf zwar fest, daß maximal drei Eizellen befruchtet und einer Frau während eines Zyklus' übertragen werden dürfen. Für den Fall aber, daß sich mehrere Embryonen einnisten (Mehrlingsschwangerschaft), schließt der Entwurf den Fetozid nicht aus. Die medizinische und eugenische Indikation des §218 machts möglich. Völlig ungeregelt bleibt die Gewinnung und Entnahme von Eizellen; damit sind überzählige Embryonen auch in Zukunft vorprogrammiert, zumal das Tieffrieren von Keimzellen und Embryonen nicht verboten wird.

Auch den Vorwurf der Eugenik müssen sich die GesetzesinitiatorInnen machen lassen. Zwar wird die Geschlechtswahl ausdrücklich verboten; explizit erlaubt wird die Selektion der Spermien (für die künstliche Befruchtung) aber für den Fall, daß dadurch eine schwere erbliche Krankheit verhindert werden kann. Bisher wird nur eine bestimmte Muskelkrankheit namentlich angeführt, aber hinzugefügt: „oder eine ähnlich schwerwiegende geschlechtsgebundene Erbkrankheit“. Ein Einfallstor für die Eugenik, denn Befürchtungen liegen nahe, daß der Indikationskatalog der „vermeidbaren Behinderungen“ weiter ausgedehnt wird. Frauen werden dann noch stärker für die „Qualität“ ihres Nachwuchses zur Verantwortung gezogen werden. Ulrike Helwerth

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