Das Portrait: Der Einpeitscher
■ Heinz Reisz
„Er stellt eine Gefahr dar, der mit allem Nachdruck begegnet werden muß, er bereitet den Boden für extremistische Gewalttaten.“ Anfang Dezember 1992, der mörderische Anschlag in Mölln hatte gerade für internationales Aufsehen gesorgt, verbot der damalige Bundesinnenminister Seiters nicht nur einige rechtsextreme Organisationen. Er beantragte beim Bundesverfassungsgericht, dem Neonazi Heinz Reisz aus Langen wesentliche politische Grundrechte zu entziehen. Begründung: Reisz habe sich bisher von Maßnahmen der Strafverfolgung nicht beeindrucken lassen.
Gerade das kann man aber von Reisz, dem Chef des „Deutschen Hessen“, gerade nicht behaupten. Obwohl er unverblümt die Juden als „Unglück Europas“ beschimpft und offen zur Jagd auf Ausländer aufgerufen hatte, wurde er bislang meist nur zu geringen Geldstrafen verurteilt. Reisz, jahrelang der treue Wegbegleiter des 1991 verstorbenen Neonazi- Anführers Michael Kühnen, begann seine rechte Karriere wie Kühnen bei der „Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands“ (FAP), die inzwischen ebenfalls verboten ist. Zusammen mit Kühnen wollte er bei den Kommunalwahlen 1989 das Städtchen Langen „zur ersten ausländerfreien Stadt Deutschlands“ machen. Das Bundesinnenministerium machte ihm einen Strich durch die Rechnung und verbot seine „Nationale Sammlung“.
Nach dem Fall der Mauer war Reisz in der deutsch- deutschen Zusammenarbeit der Neonazi-Szene eine entscheidende Schaltstelle. Er war bei fast jedem Aufmarsch und jeder Neugründung einer neonazistischen Partei dabei. Als Einpeitscher mit Hetzparolen und schriller Stimme war er in der Szene ein beliebter Redner. Doch war er nicht der führende strategische Kopf; seine Bedeutung bestand darin, stets auskunftsbereite Anlaufstelle für die Medien zu sein. Vom Klima in Deutschland seit der Vereinigung und insbesondere seit den Pogromen in Hoyerswerda, Rostock und anderswo zeigte Reisz sich begeistert: „Unsere Aufgabe ist es momentan nicht, zur Macht zu kommen. Unsere Aufgabe ist es, Parteien dazu zu drängen, daß sie nach rechts abdriften müssen. Und wir haben es erreicht, denn die CDU steht mit ihren Aussagen heute so weit rechts wie die NPD vor 20 Jahren.“ Bernd Siegler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen